Freitag, 29. März 2013

im Reich der Maya

Der Nebel schwebt tief; und die Nacht weicht dem Morgengrauen, als fremdartige Rufe durch den Dschungel hallen. Laut und geheimnisvoll trägt die feuchte Luft das Echo der Brüllaffen, welche wie Geister die uralten Tempel inmitten des Regenwaldes bewachen. Ich lausche dem Geschehen, als immer mehr Tiere in den Baumkronen das erste Licht des Tages begrüßen. Es ist 5 Uhr in der früh; ich habe mit einer Gruppe von Abenteurern Tempel Nr. 4 erklommen und blicke nun nach Osten auf die Ruinen der Mayastadt Tikal. Nicht mehr lang, dann wird die Sonne aufgehen. Ein Tukan und 3 Papageien gesellen sich zu uns und rufen Ihresgleichen von der Spitze eines toten Baumes. Die Atmosphäre ist unbeschreiblich. Es ist so still und voller Stimmen zugleich. Die vergessenen Gemäuer der Urwaldindianer, ein magischer Ort…
 


Doch die Reise ins Reich der Maya begann bereits in Mexico, mit einem weiteren der 7 neuen Weltwunder, Chichen Itza. Eine Pyramide die ein Kalender ist und eigentlich nur von einem astrophysischen Mathematik-Genie erbaut worden sein kann. Clevere Kerlchen die guten Maya, sogar eine Art Basketball Spiel hatten sie schon weit vor uns erfunden, mit Korb und Ball und allem drum und dran. Wen wundert es da noch Steinmeißel-Bildchen von bedeutenden Herrschern mit Headset im Gesicht zu finden. Vielleicht sind wir hinterher statt voraus, wer weiß das schon.








In Sachen Kunst hat Mexico bis heut die Nase vorn. Es ist surreal und eigen, erschreckend und schön. Ich habe ein Haus besucht, das einem Museum gleicht. Das stetig wiederkehrende Thema in der nationalen Galerie der abstrakten Kunst sind Skelette. Egal ob Bilder mit lächelnden, mürrischen oder traurigen Skeletten und gekleidet wie Unsereins, oder alte Statuen in eleganter Pose mit Skelettiertem Hund an der Leine, der Tod ist überall gegenwärtig und wird als Teil des Glaubens ins alltägliche Leben mit eingebunden. Wohin ich auch Blickte, irgendwo zwinkerte ein Totenkopf mir entgegen.



Nach Chichen Itza kam Uxmal mit seiner nächtlichen Lichtershow und den wohl ältesten Pyramiden, die ich hier gesehen habe. Und von den trockenen Böden im Norden reiste ich anschließend in die saftigen Wälder in den Süden nach Palenque, ihre Majestät. Und jedes Mal erklomm ich Tempel nach Tempel, bis ich über das weite Land blicken konnte. Das ist im Übrigen etwas, dass die Inka mit den Maya gemeinsam haben: die Vorliebe für Treppen. Vor allem wichtige Tempel müssen mindestens 60-70 Meter Treppen mit einem Winkel von mind. 80° besitzen, bis man die Eingangspforte erreicht. Die Touristen sollen schließlich etwas von ihrem Geld haben. Ja, der Sarkasmus spricht aus mir, ich hasse Treppen, vor allem bei 35 Grad im Schatten und 99% Luftfeuchte, Oy!


Es war dennoch sehr interessant, vor allem die Schriftzeichen an den Wänden haben es mir angetan. Bildchen statt Buchstaben, das hätte ich auch gern. Die Maya haben, nur so zur Information, ca. aller 300 Jahre renoviert. Das bröckelige Korallengestein, hat der Natur nicht viel entgegen zu setzen. Darum wird auch nix mit neu Verputzen der Außenwände oder verfallene Treppen ausbessern. Besser! Die alte Stadt wurde eingebuddelt und oben oder einige Meter daneben, einfach die neue Stadt drauf gebaut. So sieht man bei der Besichtigung einer Stätte oft Hügel wo die Tempel errichtet sind und gräbt man in die Tiefe, findet man die Dächer noch älterer Gemäuer. In Uxmal gab es somit die gleiche Stadt 3-mal.


Auch inmitten vom Dschungel beim Passieren der Grenze zu Guatemala gab es Ruinen. Kaum bekannt, geben sie nur wenigen Neugierigen ihre Geheimnisse Preis. Waldmalereinen, so bunt und detailiert, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Diese noch lange der Öffentlichkeit zugänglich sind. Man sieht Kampfszenen, Gefangennahme durch die Azteken und heilige Rituale. Die Art wie die Figuren dargestellt sind, erinnert ein wenig an Ägypten. Und genauso wie dort sind auch hier die Gesichter der Herrscher unkenntlich gemacht.


Und interessante Dinge habe ich über die guten Maya gelernt. Zum Beispiel, dass die oberste Klasse nicht nur daran zu erkennen war, dass der Schädel künstlich nach Hinten verlängert wurde, sondern, dass auch das Nasenbein zusammengedrückt wurde, damit ihre Hoheit schielt. (Ich denke viele Maya waren recht zufrieden bei diesen Schönheitsidealen dem Fußvolk anzugehören.) Außerdem gab’s Löcher in die Frontzähne geschraubt um Diese anschließend mit Jadestein auszufüllen. Der Ein oder Andere mag meinen, dass dies schmerzhaft ist. Und der Ein oder Andere hat auch recht damit, aber die Maya wussten ihre Dschungel- Apotheke zu nutzen. Es ist ein Kraut gewachsen, welches betäubt, und ich durfte es kosten, es schmeckt nach Nelken. Und oben drein, die Maya waren sowieso meist ganz woanders, denn sie hatten eine Vorliebe für Pilze und erklommen Tag ein und Tag aus Wölkchen 7 und 8 auf ihrem Trip ins Unbekannte des menschlichen Geisteszustandes. Unglaublich. Aber immerhin, auch in Sachen Medizin manchmal recht Fortschrittlich. Sie hatten bereits ‚die Pille‘. Was sagt man dazu? Der Saft einer hiesigen Baumfrucht hat eine hormonelle Wirkung welche zur Abtreibung führt und es ist beschrieben, dass dies sehr oft genutzt wurde einige Tage nach einer heißen Nacht mit dem Angetrauten.


Natürlich haben nicht alle Maya ihr Leben im Drogenrausch gelebt, sondern brav ihren Mais angebaut und für Regen gebetet. Und Jene im Dschungel vermutlich für ein Wunderspray gegen Mücken; die waren nämlich gnadenlos, zusätzlich zur Hitze, die mich fast in die Knie gezwungen hat. Im Norden von Yukatan gab es dafür natürlich die beste Erfrischung, die man sich Vorstellen kann. Die sogenannten Cenoten, die Sinkholes mit unterirdischem Frischwassersee oder -Fluss.


Traumhaft schön, diese blauen Oasen und so interessant und einzigartig. Glasklares Wasser in Höhlen unter der Erde, die teils bis 150 Meter und mehr tief sind. Stalaktiten, welche entlang der Wurzeln der oberirdischen Bäume wachsen und von offen bis fast ganz bedeckt reichen. In Merida, habe ich 3 Cenoten gleichzeitig besucht. Mit einem Karren auf Gleisen von einem Pferd gezogen, wurde ich von einer Grotte zur Nächsten gebracht und musste einmal über eine Leiter in ein Erdloch einsteigen um zum unterirdischen See zu gelangen. Das war ein klein wenig gruselig, denn ich war die einzige Besucherin zu dieser Zeit. Nur ein kleines Loch in der Decke hat dem Erdloch etwas Licht geschenkt. Die Stille, die das gemächliche Plätschern vom glasklaren Wasser unterbricht, ist geisterhaft und aufregend zugleich. Das war schon richtig toll.





Ich bin auch viel mit dem Fahrrad durch Mexico gegondelt, für Fortgeschrittene, denn es gleicht einem Hürdenlauf, wenn ständig Leguane vor den Reifen über die Wege schießen. Aber es tut auch Fitness und Figur gut und die Navigation ist sehr einfach, denn Mexikanische Städte haben nur selten Straßennamen. Das Straßennetz besteht nämlich aus Nummern. Ein Haus liegt demnach immer an 2 Nummern. Gerade + Ungerade (z.B. 63 und 68) und man findet sich immer zurecht, denn Nummern haben den Vorteil fortlaufend zu sein. Wirft der Bus einen am hintersten Zipfel der Stadt heraus und man weiß nicht wohin, zählt man sich einfach von oben nach unten und von rechts nach links durch, zurück zum Hostel. Klasse System, müsste man mal in Deutschland einführen. Orientieren könnte so einfach sein…


Das Sahnehäubchen auf dem Mayamuffin war schließlich Tikal. Es ist gigantisch. Mehr als 3000 Gebäude umfasst diese Stadt, gerade mal 25% werden ausgegraben und die 7%, welche dem Besucher zur Besichtigung frei stehen, verschlingen einen ganzen Vormittag mit Herumlaufen und Klettern. Das war die Hauptstadt, und nun gehört sie dem Dschungel. Es ist nicht zu erfassen, wie viele Tempel und Pyramiden noch unter all dem Urwald vergraben liegen. Und Ruhen dürfen Sie auch weiterhin, denn glücklicherweise wurden die meisten dieser Gebiete zum Weltkulturerbe erklärt, und Flora und Fauna sind nun die rechtmäßigen Besitzer. 


Der Dschungel war im Übrigen wieder mal eine Erfahrung für sich. Ich liebe es einfach in der Nacht die Brüllaffen zu hören inmitten der Rufe der Frösche und Insekten. Und welch ein Glück in Palenque direkt im Dschungel ein Hostel zu haben. ;) Da nimmt man auch mal die Internetlose Anbindung in kauf.


Flores war auch eine nette Stadt. Ein kleines abgelegenes Inselchen voll mit Touristen, war es Dreh – und Angelpunkt für ganz Guatemala in Sachen Reisen. Ein Kinderspiel von A nach B zu kommen. Hier gibt es auch eine Dschungelfarm mit Volontären und fast wäre ich ein paar Tage geblieben. Doch der Wanderdrang in mir, lies mich schlussendlich doch ein Ticket nach Lanquin in den Nationalpark kaufen und ich bin mit dem Minichickenbus noch tiefer ins grüne Land vorgerückt. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass in Guatemala die Leute hinterm Steuer einen an der Waffel haben. Das bei den Fahrmanövern nicht mehr passiert, grenzt an ein Wunder!


Nach jener Katastrophenfahrt über Stock und Stein (ich mein das wörtlich) kam unsere kleine Truppe etwas verspätet im Dschungel an. Das Hostel hat die Laune deutlich gehoben. Eine Lodge, mit Restaurant und Hängematten, inmitten Nebelverhangener Berge, einsam auf einem Hügel im Nationalpark. Ich wusste ich würde länger bleiben. Am Folgetag ging es dann auf der Ladefläche eines Trucks, vorbei am einheimischen Markt, zum Eingang der Höhle - in Bikini, denn schwimmen mit Kerze im unterirdischen Fluss war die Aktivität des Vormittags. Zum Glück war es im Inneren warm, trotz kühlem Wassers. Wir sind über Felsen geklettert und in Löcher gesprungen, haben über Leitern und Seile mehrere Etagen der Höhle erkundet und sind im Kanalsystem der Grotte mit der Strömung geschwommen. Super Genial. Habe mit nur wenigen Schrammen das Tageslicht wieder gefunden. Und die Mayabemalung hat den ganzen Tag gehalten. Unser Guide hatte sich einen Spaß daraus gemacht im Dschungel die dafür nötigen Blüten zu pflücken und uns dann der Reihe nach im Gesicht zu verzieren.


Im Anschluss hieß es wandern, und zwar nach ganz oben. Anfangs war es auch noch ein Weg, dann entglitten mir die Gesichtszüge. Treppen! Treppen mit Stufen von ca. 50cm Höhe! Und viele davon - was man nicht alles für einen Aussichtspunkt tut. Ich erklomm die Spitze als Letztes und ja es war die Tortur wert. Inmitten des Dschungels blickte ich auf 8 stufenförmige, glasklare, türkisblaue Pools mit Quellwasser, persönlich von Mutter Natur erschaffen. Wow! Trotz, dass Wolken über den saftigen Wald hingen, schien dieser flache Wasserfall zu leuchten. Sowas habe ich noch nicht gesehen.


Völlig verzaubert konnte ich nun nicht mehr warten dort auch schwimmen zu gehen. Durch das viele Berg auf und ab steigen war mir sowieso recht heiß und das Eintauchen ins frische Nass war ein Genuss für sich. Gut eine halbe Stunde sind wir umher geschwommen und von Pool zu Pool gerutscht. Das einzig Störende waren die kleinen Fische, welche mir ständig die Haut an meinen Schürfwunden weggeknabbert haben. Das tat nämlich ein kleinwenig weh. Den Tag haben wir mit einem leckeren Essen im Hostel ausklingen lassen und es wurde noch ein Hängematten-Faulenztag eingelegt. Ich habe meine Route wieder etwas angepasst und mich entschlossen Antigua mit dem Vulkan ausfallen zu lassen. Ich hatte nun schon von mehreren Quellen gehört, dass seitdem der obere Teil des Vulkanes kollabiert war, man keine rote Lava mehr fließen sehen konnte. Drum ging es mit meinem australischen Reisebegleiter Richtung Rio Dulce.


Wir kamen dort auch an, und durften als erstes unsere Knochen neu sortieren. Was für eine Holperstrecke und was für eine katastrophale Bootstour bis Livingston! Halsbrecherisch wurde der Kutter im Speed direkt auf die harten Wellen aufgesetzt!
Der Fluss war jedoch wunderschön. So viele Vögel! Kormorane, Pelikane und Reiher sind zu hunderten um uns herum geflogen, als wir mit dem Boot den schmalen Fluss zum Meer entlang gefahren sind. Auch am nächsten Tag mit dem Kanu hat der Fluss an Artenvielfalt nicht enttäuscht. An einem Wasserfall inmitten von Mangroven und Palmen sahen wir Blattschneide-Ameisen und winzig kleine Minifrösche, so groß wie der Nagel eines kleinen Fingers. Niedlich. 


Es ist wunderschön im Regenwald, und ausgesprochen warm. Es ist eine besondere Welt, mit Lianen die von den Baumwipfeln hängen, das dichte Unterholz mit Pflanzen, welche man sonst nur als Zimmerpflanze aus dem Supermarkt kennt und dem feuchten Waldboden, der so voller Leben scheint. Ein Erlebnis im Reich der Maya. Und doch konnte ich weiter ziehen. Gegen den inneren Drang endlich zu Tauchen kann man einfach nichts ausrichten, und so ließen wir auch Guatemala hinter uns und machten uns auf nach Utila, Honduras, der Taucherinsel für den gemeinen Backpacker. Aber das ist eine neue Geschichte. ;)


Donnerstag, 14. März 2013

200 Tage


28.Februar 2013 – Valladolid, Mexico, es ist schwülwarm, regnet und die Frisur sitzt. Außerdem habe ich die 200 Tage Marke erreicht! Und nach 10 Ländern, vielen vielen Busfahrten später und um einige Euro ärmer, muss ich sagen, es ist eine verdammt lange Zeit.
Zeit, mal wieder ein Resümee zu schreiben, schöne Bilder zu posten und meinen lieben Lesern einen Einblick ins Backpackerleben zu bescheren. Meinem Alltag sozusagen, der so anders ist als jener, den ich aufgegeben habe, um in die weite Welt ziehen zu können.


Ich hatte versprochen, es gibt mehr zu erzählen, und so ist es auch. Wenn ich auch etwas spät dran bin mit updaten, aber so ist es eben. Es wird geplant, verplant und ab und an alles wieder umgeschmissen. Und am Ende kommt doch alles ganz anders. Das ist mein Leben im Moment. ;) Drum direkt zum ersten Punkt…



Planung auf Reisen

Tja wie funktioniert es denn nun, dass ich scheinbar ohne Probleme immer einen Schlafplatz bekomme, nicht verhungere, tolle Dinge erleben kann, auf magische Art immer ein Transportmittel finde, noch nicht im Recherchesumpf verloren gegangen bin oder im Minus meines Kontos versinke? Ein Wort: Organisation. Es ist nicht so einfach wie es klingt, aber man muss auch nicht studiert haben, um sich einen Plan aufzustellen. Eigentlich ist das wichtigste die eigene Stimme, Interesse an seiner Umwelt, Stift und Zettel und manchmal das Internet. Ich weiß schon, früher gab’s kein Internet, der echte Backpacker lebt ohne Technikkrimskrams und so weiter. Das mag auch alles stimmen, aber es wird im Heute und Hier gereist und nicht im Früher. Früher gab’s auch keine Flugzeuge und man musste über den Ozean schwimmen, macht aber auch keiner mehr. Außerdem gäbe es keinen Blog, und ich müsste das alles mit Hand schreiben. Gruselige Vorstellung nicht wahr? Ein Tagebuch in Hieroglyphen. Doch dann, gäbe es dennoch die Ressource schlecht hin, die jede noch so moderne Zeit überleben wird. Andere Backpacker. Das ist überhaupt das Wichtigste, denn wenn man sich auf nix verlassen kann, das Wort anderer Reisender ist meist der beste Hinweis. Erfahrung aus erster Hand, das große Geheimnis?


Nun ich werde gewiss nicht alles preisgeben, aber soviel sei gesagt, die Welt ist größtenteils erforscht, und um verborgene Paradise aufzuspüren, sollte man sich nicht unbedingt an eine Reiseagentur wenden. Jeder, inklusive mir, wird ob nun gewollt oder nicht, Pfade betreten, die nicht mit großem Aushängeschild markiert sind. Es folgt Mundpropaganda und Gutes sowie Schlechtes wird weiter gegeben an neugierige Abenteurer. Auch Hostelempfehlungen und Preise werden ausgetauscht, denn Reisen funktioniert sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Man ist nie allein. Und so integriert sich das Planen in den normalen Alltag mit ein, genau wie die Budgetplanung. Drum folgt: 

ein durchschnittlicher Reisealltag mal etwas anders verfasst 


Dienstag 12:30Uhr, zwei Stunden verspätet komme ich an, Mist, ich hoffe ich finde noch ein Hostel, dass nicht ausgebucht ist. Konnte ja keiner ahnen, dass der Bus an jeder Wiesenblume hält. Hätte ich doch mal lieber vorgebucht, es ist schließlich Saison. Egal, wird schon irgendwie. Ein Hostel, hah!, aber zu teuer, ich laufe weiter. Der Rucksack könnte leichter sein, vor allem bei dieser Wärme, als erstes hüpf ich unter die kalte Dusche. Ein Schild, endlich. Dieses Hostel hat noch ein Bett frei, super, oder auch nicht, es ist das oberste vom Doppelstockbett, da brech ich mir wieder die Zehen bei der selbstgebauten Leiter. Was soll‘s, wird schon irgendwie, die Lage ist genial und die Leute sehr nett. Internetschlüssel - super, dann gibt es noch einen selbstgemalten Stadtplan vom Hostel mit Bankautomaten, Supermarkt, Busstation und Wäscherei eingemalt. Mmmm, muss ich Wäsche waschen? Nah, hab noch ein sauberes T-Shirt, bei der Wärme macht es sowieso keinen Unterschied ob ich es 2 Tage trage, im nächsten Ort reicht aus. Das Personal fragt mich wie viele Tage ich bleibe, pff keine Ahnung, mal schaun, was es hier so zu Erleben gibt, ich habe von tollen Ruinen gehört, erstmal also eine Nacht, kann ja noch verlängern morgen. 'Passport please', fragt mich mein Gegenüber, ich schüttele mit dem Kopf, 'die Nummer hab ich im Kopf, kein Ding. Aber wie komme ich denn zu den Ruinen? Wann fahren die Busse? Welche Busgesellschaft, wieviel kostet das? Aha, aha und der Eintritt?' 'Guide?' 'Nö brauch ich nicht', muss sparen, ich les später im Internet nach. Erstmal brauch ich Futter, hab nur noch ne halbe Tüte Chips und die könnte ich ja morgen auf der Busfahrt als Reserve nutzen.


Ich schlendere die Straße entlang und höre Musik, dort hinten muss der Markt sein. Ich gehe weiter, schöne Taschen haben die da im Souvenirshop, aber ich keinen Platz im Rucksack. Ich laufe an einer Reiseagentur vorbei und löchere auch diese netten Menschen in English, Spanisch und Pantomime, wenn es denn sein muss. Dann finde ich ein kleines Cafe. Da sitzt auch Einer alleine, ein Backpacker ganz sicher, Strohblond und das Handgelenk voller Armbänder. Sehr gut, der ist auch schon länger auf Reisen, da setz ich mich dazu. 'Hi, du reist auch gerade durchs Land? Ja, kann ich mich dazu setzen?'  'Klar, kein ding, woher kommst du?' Wir tauschen kleine Details unserer Reise aus, ich frage nach ob er die Ruinen schon gemacht hat, ja hat er und wir erzählen etwas mehr. Er fragt mich über mein Vorgängerland, wie viel ca. eine Nacht dort im Hostel kostet und ob die Busverbindungen gut sind. 'Du musst unbedingt in das Hostel mit dem grünen Dach, awesome place, es gehört zwei Schotten, die früher um die Welt gereist sind, die geben dir gute Tipps.' Es ist nett, wir tauschen facebook aus, er ist zufällig im gleichen Hostel, 'magst du kochen heut Abend?' 'Klar'.


Ich schlendere zurück, erst 15 Uhr, könnte ja noch ein wenig baden gehen, da war doch die Cenote recht nah. Ich leihe mir ein Fahrrad am Straßenrand aus und fahre durch das Netzwerk der kleinen Straßen, Hunde überall. Ich erreiche mein Ziel und gehe planschen, schieße Fotos, erfreue mich an diesen seltsamen fremden und doch so wunderschönen Ort. Cool, da sind Fledermäuse. Ich treffe andere mit gleicher Begeisterung fürs kühle Nass und wir erzählen wieder, diesmal sind es Einheimische. Sie sagen mir hier in der Stadt gibt es eine Schokoladenfabrik, ich solle doch mal zur Verkostung vorbei kommen. Im Hinterkopf wird nach einer Nische im groben Plan gesucht um das einzuschieben. Ja ich muss mal ein wenig organisieren, denke ich. Dann bin ich zurück, ich überlege was ich denn nun wirklich alles sehen will, jaja die Ruinen, das dauert einen halben Tag, danach faul in der Hängematte entspannen und lesen und dann die Schokoladenfabrik. Ich könnte anschließend abends den Nachtbus nehmen zum nächsten Ziel, aber ich könnte auch am nächsten Morgen weiter. Das entscheide ich spontan. Ich gehe duschen, ich klebe von der Hitze und denke, Mist ich hätte doch Wäsche machen sollen. Ich nehm ein wenig Seife wasche das alte Shirt kurz durch. Wird schon trocknen über Nacht, ansonsten häng ich es an den Rucksack morgen, heute war es auch heiß.


Ich koche mit dem Typen aus dem Bett unter mir. Dieses Hostel hat ganze 3 Töpfe, dafür 8 Herdplatten, im Letzten gab‘s nur 2 davon, aber deutlich mehr Teller als hier. Alles kein Ding, ich bleibe entspannt, wird schon irgendwie. Dann muss ich muss loslachen und erzähle meinem Mitbewohner von El Calafate, wo es im gesamten Hostel nur 2 Messer gab. Er schmunzelt auch, und spricht von seinen verrückten Erlebnissen auf Reisen. Dann wird es dunkel, ich logge mich ins Internet und sag schnell hallo bei Twitter, ugh der letzte Blog ist schon wieder eine Woche her, ich muss mal anfangen zu tippen. Naja heute nicht mehr, morgen dann oder übermorgen. Ich hänge noch meinen Akku an die Steckdose. Der Wecker steht auf 8, das muss reichen. Langsam schließen sich die Augen, Gott sei dank gibt’s mal Vorhänge und es schnarcht keiner. Schlafmaske und Ohrenstöpsel ruhen im Gepäck. Morgen wird ein Touritag, ich habe mich entschieden ein Sammeltaxi zu den Ruinen zu nehmen, und zurück komm ich auch irgendwie, das wird meist von selber. Übermorgen wird dann weiter gereist, diesmal in den Dschungel, ich bin gespannt.



Das liebe Geld

Namibische Dollar, Pula, Rand, Peso Argentino, Chilenos, Solar, Reales, Dollar US, Bolivianos, Dollar Belize, Peso Mexicano… es ist eine ständige Rechnerei. Mal 2, durch 1000, durch 3, 10 = 7, 160 = 10€, mal 2 = 1 Dollar usw. Damit ich nicht ausversehen mein Konto sprenge, muss ich kalkulieren und die Kopfrechnerei begleitet mich auf Schritt und Tritt.

Man teilt das tägliche Budget meist in 4 Teile: Unterkunft, Essen, Transport und Sehenswertes. Bleibt man bei Gesamtkosten bei um die 33 Euro am Tag, landet man bei 1000 im Monat und der Grundplan geht auf. Sind große Sachen geplant muss man beim Rest etwas abspecken. Es gelingt natürlich nicht immer, es gibt Länder, die sind einfach teurer als andere und ich habe auch Löcher in der Kasse von Dingen, welche niemals geplant waren. Aber insgesamt würd ich sagen, liege ich noch im Rahmen der Dinge, wenn ich mein Vorhaben in Australien zu arbeiten mit einbeziehe. Solang zumindest ein Stimmchen im Kopf regelmäßig auf die Schulter tippt bei teuren Vorhaben, ist alles gut. Man kommt dennoch nicht umhin, ab und an ungläubig alles 2x durchzurechnen, nämlich dann wenn man z.B. in Chile mal eben 150.000 abhebt. Da steht man dann da mit den 10.000 Banknoten und fühlt sich wie ein Scheich in Arabien und Kontoplünderer zugleich. Ich glaube das war bisher die schrägste Währungsumrechnung. Haha, mal eben 2000 für ne Tafel Schokolade...



Ausrüstung und Mode

Der Zahn der Zeit nagt an den Dingen, so viel ist klar. Die ständige Nutzung ist meinem Gepäck anzusehen. Ob Rucksack, Klamotten oder Technik, neu sieht nix mehr aus. Vor allem meine Hosen weisen bereits erste Löcher auf und auch das ein oder andere Shirt musste ich schon nachkaufen. Das einzig bisher unbenutzte ist wohl das Moskitonetz. Ich weiß nicht wie die Situation in den Südostasiatischen Tropen oder in Australien ausschaut, aber bisher gab es entweder Mückennetze in den Hostels dazu, die Fenster waren Mückensicher versiegelt oder es war sowieso keine Möglichkeit gegeben ein Mückennetz aufzuhängen. Der Rest wird benutzt, bis er von alleine zerfällt oder selbst im hintersten Buschland als unzumutbar gilt. Generell hat es natürlich auch seine Vorteile, denn der Kleidungsstil ändert sich mit dem Reisen. Man kann tragen was man will und wie man lustig ist, es gibt keine Etikette, auf welche man achten muss. So sind z.B. weite India-Hosen im Schlumber-Lock das bequemste, was es an Kleidung derzeit auf den Markt für den fortgeschrittenen Backpacker gibt. Und auch Kombinationen von karierten Blusen mit orangen Schuhen und knallgrünen quergestreiften Hosen sind kein seltener Anblick. Es stört keinen, denn es ist egal, man wird so akzeptiert, wie man ist und nicht wie man ausschaut. Ob zerrissene Klamotten oder fettige Haare, jeder war bereits mal an einem Ort, wo eine Dusche vermutlich eine Krankheit übertragen hätte, und man brav abgewartet hat, bis man wieder in der Zivilisation ist. Meist macht es auch keinen Sinn vor einer Busfahrt sich noch umzuziehen, denn Staub und Schweis werden die Sachen nicht aufschmücken.


Es ist ein anderes Leben, das Umherreisen. Zumal in Sachen Mode: Schick ist es natürlich auch, sich hin und wieder in Landesspezifischer Kleidung zu zeigen, siehe Clown-Hosen in Südamerika. Drum allen Zipp-Off-Spezial-Outdoor-Hosen zum Trotz, man sitzt schlussendlich doch wie ein bunter Papagei in der Hängematte irgendwo am Strand und fühlt sich pudelwohl. ;)



Krankheiten

Jeder Durchschnittsbackpacker darf mindestens einmal, aber meist noch öfter, den beliebten Reisedurchfall durchlaufen. Ob nun E.Coli oder die berüchtigte Salmonelle, es ist alles irgendwo zu finden, wenn man nur mal nicht 100% aufpasst, was man da gerade eigentlich zu sich nimmt, und selbst mit Adleraugen begutachtetes, ist vor dem gemeinen Lebensmittelvergifter nicht immer sicher. Ich durfte die ganze Prozedur ganze 3-mal durchlaufen und bin glücklich, dass ich jedesmal recht unbeschadet davon gekommen bin.


In Sachen Asthma sieht es dafür ganz gut aus. Da es selten kalt war, ich so gut wie keinen Kontakt zu Nagetieren habe und scheinbar gewisse Pflanzen nicht auf der Südhalbkugel zu finden sind, hält sich die Allergie in Grenzen. Woher weiß ich das? Nun, seit ich in Mexico bin krabbelt die Nase wieder, ich bin zu weit in den Norden eingedrungen. ;) Mein Spray brauch ich dennoch selten, Hostelbetten erweisen sich als ausgesprochen sauber und da eigentlich nie geheizt wird in solch warmen Ländern gibt es eher wenige Hausstaubmilben die vermehrungsfreudig auf ihre Chance warten. Tropenmedizinisch relevante Sachen blieben bisher zum Glück auch aus, und auf Mückenschutz wird stets geachtet.



die lieben Tiere

Ich bin wer ich bin und ich werde auch nie aufhören zu sein, was ich bin. In meinem Falle ist das Tierarzt. Meine Augen und mein 6ter Sinn sind so auf das Wohlergehen von 4-Beinern eingestellt, dass ich aufgegeben habe es abzuschalten zu können. Wo andere Reisende ein schlankes edles Pferd sehen, sehe ich das hungerende Fohlen, wenn Touristen den dicken Hund wegschicken, gebe ich meine letzten Kekse der schwangeren Hündin, und wenn auf einer Safari ein Zebra gemächlich zur Tränke schlendert, sehe ich die Lahmheit, welche sich hinter seinem Tempo verbirgt. Ich denke ich kann deshalb nicht immer die Dinge so genießen wie ein Unwissender, aber immerhin kann ich zumindest manchmal gerade deshalb helfen.


Es ist natürlich immer viel zu wenig; ich habe schließlich keine tragbare Praxis bei mir. Ich hoffe allerdings ich konnte zumindest einigen der vielen Unglücklichen etwas Gutes tun. Ob Augentropfen für ein verschnupftes Kätzchen oder runter gerechnetes Antibiotika für einen Straßenhund mit einer eiternden Zehe, ja sogar einen heimischen Tierarzt habe ich einmal für einen Welpen rufen lassen, der eine ziemlich schlimme Pfählungswunde am Hinterbein hatte.
Manchmal reicht es natürlich auch aus, einfach ein gutes Beispiel zu sein. Der räudig aussehende Hund mit fast nackter Haut bekommt nur so lange angeekelte Blicke, bis jemand ihn trotz seiner Hautkrankheit streichelt und ein paar liebe Worte schenkt. Dann werden die Blicke fragend, denn die weiße Gringa überlebt die Streichelattacke und stirbt nicht 1000 verschiedene Tode.


Es ist dennoch ein unendlicher Kreislauf des menschlichen Versagens, was mir auf meiner Reise begegnet und oft stehe ich hilflos da. Dann macht sich mehr und mehr das Verlangen breit, etwas verändern zu können. Das Resultat: ich habe bereits Seashepherd angeschrieben zwecks Freiwilligenarbeit und auch Organisationen, welche Kastrationen von Straßentieren durchführen, werde ich aufsuchen, nachdem ich wieder etwas Geld verdient habe. Bis dahin bleibt mir nur so viele tierquälerische Dinge wie möglich zu vermeiden und Jene zu unterstützen, die Gutes tun. Glücklicherweise bin ich da auch nicht allein, ich habe bereits viele nette Reisende getroffen, die ihren Teil beitragen, und beispielsweise nicht in Delfinarien gehen oder nur Touren besuchen, die den Respekt vor Natur und Kreatur bewahren. Auch das ein oder andere Trinkgeld für Einheimische, die ihre Arbeitstiere besser behandeln als die Konkurrenz ist drin. Man tut was man eben kann und ja manchmal wünsche ich mir, ich müsste das Elend teils nicht erfahren; aber ungesehen gäbe es andererseits auch nicht Jene, die Veränderung herbei führen. ;)



Gut erholt?

Ja, ich bin komplett und unwiderruflich erholt. Fast zu gut um genau zu sein, denn ich habe den Punkt erreicht, wo ich mich trotz vieler toller Abenteuer sogar hin und wieder langweile. Mein Gehirn verlangt nach Nahrung, ich kann es nicht länger abstreiten, ich muss arbeiten. Es hat allerdings lang gedauert. Ich würde sagen erst 6 Wochen nach Reiseantritt, war ich so weit erholt, dass ich mich vollkommen dem Reisen öffnen konnte. Wie Dauerkleber hat der Stress der letzten Tage, Wochen, Monate anfangs einfach nicht von mir abfallen wollen. Loslassen zu können ist eine Tugend und ich musste diese hart erlernen, denn der Verstand behält gern den Überblick. Ist man jedoch einmal frei, dann eröffnet sich eine Welt an Wundern und Eindrücke fließen wie Wasserfälle, und die Sinne saugen sie auf, als wären sie ein Lebenselixier; die Erholung setzt ein. Nach drei Monaten war der Akku dann voll und ich war vollkommen entspannt und erholt. Und nach nun etwas mehr als einem halben Jahr, bin ich wieder bereit für die gnadenlose Arbeitswelt. Ich weiß, ich kann es irgendwie meistern und ich freue mich wahnsinnig auf das Land mit Känguru und Koala. Ich hoffe es wird eine tolle Erfahrung.


Wahnsinn, 200 Tage, und ich hätte sie fast verpasst. Die Zeit rennt, man weiß eigentlich nie, welches Datum ist, geschweige denn welcher Tag. Wie oft stand ich an einem Sonntag vor einer verschlossenen Supermarktür und wusste nicht warum. Auch die Tage sind so unterschiedlich. Mal ist es hell bis 23 Uhr, in den Tropen wird es bereits 18Uhr dunkel. Und es macht Spaß, immer noch; ich wüsste nicht was wäre ohne diese Erfahrung. Es ist auch egal, denn ich bin diesen Weg gegangen und froh, dass er noch lange nicht zu Ende ist…



in diesem Sinne…

ich tauch erstmal unter. ;)