Montag, 30. Dezember 2013

Nepal



Es war, wie aus dem bunten Zauberwald in die steinerne karge Wüste zu reisen. Mein Flug von Bangkok nach Kathmandu. Habe ich vom Flugzeug noch die weißen Schneekappen des gewaltigen Himalaya Gebirges sehen können, sah ich vor Staub, Dreck und Abgasen in Kathmandu kaum mehr meine eigene Hand vor Augen.

Nichts aber auch nichts - naja vielleicht Indien - hatte mich auf die vor Dreck, Müll und Unrat verkeimten, zugeschmierten Straßen und Sufflagen (was sich vermutlich irgendwann mal als Fluss definierte) vorbereiten können, als ich mit dem Klappertaxi ins Zentrum der Stadt fuhr. Wow, das zu verdauen hat erstmal einen Tag gebraucht. Dem inneren Drang mich direkt in den nächsten Flieger gen Zivilisation zu setzen zu Trotz, hab ich mit einem Italiener auf diesen Schreck erstmal ein nepalesisches traditionelles Essen bestellt; nur um festzustellen: widerlich, schmeckt nicht. Naja.
Da wir leider in einer modrigen Bleibe mit gebräuntem Kaltwasser untergekommen waren, fiel das dann auch nicht mehr ins Gewicht. Wir entschlossen uns kurzerhand am nächsten Tag im Labyrinth von Thamel das entspannteste Hostel Asiens aufzusuchen und wurden zum Glück nach einigem Herumlaufen auch fündig. Und es ging langsam bergauf.


Armut hat man natürlich viel und es hilft auch nicht die Augen zu schließen. Man riecht es nämlich trotzdem, zumindest wenn man nicht vorher an den Abgasen erstickt. Atemschutz ist ein Muss. Dann macht auch das Bummeln zwischen Tempeln und Handwerksarbeiten Spaß.


Das Vergnügen in Kathmandu verweilte aber nur kurz, wollte ich doch noch vor den immer  weiter sinkenden Temperaturen etwas Trekken. Also hieß es, ab in den Bus auf die Holperstrecke nach Pokhara in den Anapurna Trekking Park. Zu meinem Entsetzen musste ich zusehen wie eine Nepalesin von einem Bus angefahren wurde. Die Straßen hierzulande sind gefährlich. Es wird stur gefahren und wer im Weg ist, bleibt auf der Strecke, trotz stetigem Dauergehupe. Ich hoffe der Frau wurde geholfen, denn bald schoss ein Kleinwagen an unserem Bus vorbei. 5 km weiter war eine Armeebasis.


In Pokhara angekommen suchte ich erstmal nach Kontakt im Freedom Café und machte mich dann ans Planen für den Trek. Tims und Parkeintritt waren schnell bezahlt und der Bummelbus zum Parkeingang schnell gefunden. Und mit einem Seufzer in Anbetracht der Treppen die da noch folgen wurden, marschierte ich los.


Das erste staubige Dorf war schnell hinter mir und nach 3 quälenden Stunden in der Sonne kam ich am ersten Teahouse an. Dort traf ich auf den wohl liebenswertesten und komischsten Nepalesen auf meiner gesamten Tour. Winnitouch von „Schuh des Manitu“ in live und Farbe. Lachen garantiert. Der Abend war gemütlich und unterhaltsam mit weiteren Trekkern aus China und Malaysia. Später auch kalt, denn wenn die Sonne hinter den Bergen verschwindet und der Bartgeier seine letzte Runde dreht, übernimmt die eisige Luft erneut die Herrschaft über die Anapurna Bergregion.


Der nächste Tag sollte sich als leidlich und elend heraus stellen. War mir tags zuvor schon nicht ganz wohl im Magen, kamen zu Übelkeit und Bauchkrämpfen auch noch 1000 Höhenmeter Treppen steigen auf mich zu. Selbst die Inkas hatten kapituliert, ich war das Schlusslicht der Wanderkommune an diesem Tag und schaffte es nicht bis ans geplante Ziel. Selbst die Ponykaravanen überholten mich. Lebensmittel kommen nur auf den Rücken der Lastentiere in die höher gelegenen Dörfer.


Auch wenn die Landschaft schöner und atemberaubender wurde je tiefer ich in den Park hereinwanderte, so war der Nebel auf den langsam leerer werdenden Pfaden mitten im Wald ein unheimlicher Begleiter.


Die Dunkelheit und Müdigkeit holte mich schließlich ein und so checkte ich in einem Gasthaus auf 3/4tel der Strecke ein und verbrachte die Nacht mit meiner Lebensmittelvergiftung.

Sichtlich geschwächt von den häufigen Toilettenbesuchen buchte ich am Morgen einen Muli zum nächsten Dorf. Da gab es nämlich eine Apotheke. Und natürlich den Ausblick für den ich gekommen war. Ich strauchelte also zum besten Gasthaus auf dem Berg, merkte, das mit dem Wandern wird nix mehr und verschlief den Tag im Schatten majestätischer schneebedeckter Berge. Abends am Feuer traf ich auf Kanadier, Australier und einen Belgier und wir erzählten bis spät in die Nacht. Naja, 8 Uhr um genau zu sein. Da ist Bettzeit auf dem Berge, denn das Trekken geht für die meisten früh um 6 weiter.


Für mich nicht, ich war der Magenverstimmung erlegen und bestaunte den Sonnenaufgang vom Bett aus anstatt vom Poon Hill. Die rotglühenden Schneekappen sind schon ein Bild für sich. Man sieht die eisigen Winde im höchsten Gebirge der Welt. Es muss erbarmungslos sein und wunderschön zu gleich. Verträumt stellte ich mir das Leben in solch Eiseskälte vor und wärmte mich mit einer Tasse Tee. Die Waage zwischen dem Drang nach absoluter Freiheit in rauer Natur und dem Wohlbefinden in vertrauter Zivilisation ist mein zweischneidiges Schwert auf dieser Reise. Die Sehnsucht, die mich immer wieder in solche Abenteuer schickt, und auch zurückkehren lässt...


Ich beschloss nach langer Überlegung schließlich zurück zu gehen und mich auszukurieren. Ich war zu krank zum Trekken. Der Weg hätte mich sonst weiter in die nebelverhangene Bergwelt geführt. Aber da sich auch mit der Höhe die Zivilisation verliert, war mir das Risiko zu groß. Zumal man sich auch schnell verlaufen kann ohne Guide und Wanderer gehen immer wieder verloren, weil sie sich überschätzen. Also drehte ich um und habe es sogar in 2 Tagen zurück nach Pokhara geschafft, mit einem Muskelkater für Champions in den Knochen. Auweia, Treppe runter, unmöglich.


Alles Elend hat scheinbar so manchmal auch seinen Sinn. Aufgrund des Wintereinbruchs in Nepal wurde es selbst im warmen Tal von Pokhara schnell zu kalt und so machte ich mich auf in den Süden nach Chitwan. Der Nationalpark der früher einst Jagdgebiet war, beherbergt das seltene Panzernashorn, sowie Tiger und wird streng geschützt durch das Militär. Lustigerweise mit Elefanten. Die Ranger patrouillieren auf den sanften Riesen entlang der Grenzen und innerhalb des Parks und halten nach Wilderern Ausschau.


Manchmal erscheint es mir dann surreal wie gewohnt ich mittlerweile an den Anblick von Elefanten im Stadtbild bin. Es ist vollkommen normal hier.

Zusammen mit anderen Backpackern haben wir eine Jeep Safari gebucht und 6.30 Uhr am nächsten klirrekalten Morgen ging es los zum Nashornknipsen. Der Druck für den Guide war nicht ganz so hoch, lief am Vortag bereits ein Rhino durch die kleine Stadt. Aber dennoch, je mehr Tiere umso besser. :)


Und es sollte ein richtig toller Tag werden. Gefleckte Rehe und Wildschweine, sowie Störche und Affen sprangen häufig über die Straße oder in den Bäumen um uns umher.
Und auch 4 Rhinos konnten wir im hohen Gras erspähen. Nur ihre Hoheit Tiger ließ sich nicht blicken. Nur hören, an den Warnlauten der Affen. Auch der Rest vom Dschungelbuch fiel durch Abwesenheit auf. Es ist eben Nebensaison. Keine Bären, Leoparden, Wölfe oder Pythons zu sehen. Zu kalt. Die armen langnasigen Crocos im Fluss waren halb gefroren. Muss doof sein wechselwarm zu sein.


Aber die Safari war dennoch wundervoll, auch zu Boot am nächsten Tag. Es hat mir das Fernweh nach Afrika zurück in die Adern geschossen und ich habe es so sehr genossen auf dem Jeep durch den Park zu fahren. Genossen diese rote Sonne zwischen kargen Baumkronen unter gehen zu sehen und gedanklich den Kreis irgendwie geschlossen.


Diese wilde Natur, so frei, wie ich, all die vergangene Monate. Und mit einem Gefühl der Trauer und Endlichkeit, aber auch neugefundener Kraft und Freude auf den nächsten Abschnitt in meinem Leben, war meine Reise zu Ende. Ich war bereit heim zu gehen. Einfach so. Es kam nicht plötzlich, sondern krauchelte schon seit einige Tagen in mir herum, das nicht abzuschüttelnde Gefühl, dass es genug nun ist. Heimat, ja ich will nach Hause. Es ist genug dem Reisen, genug dem ständigen Gehupe, genug dem Suchen nach einem Bett, genug des Handels am Straßenrand und genug sporadischer Freundschaften, die nur 3 Tage halten.


Ich blinzelte die feuchten Augen davon und nahm Abschied von der Wildnis mit dem Versprechen wieder zu kommen. Und als sich mein Weg tatsächlich soeben in Richtung Realität gelenkt hatte, war ich durch Zufall in einem Restaurant gelandet, wo ein kleiner Welpe dringend behandelt werden musste.

Erst 6 Wochen alt und schon Opfer der Straßenhundekämpfe geworden, klaffte eine stinkende eitrige Wunde im Genick. Ein Auge war auch angegriffen und zu meiner Verwunderung der nepalesische Besitzer recht besorgt. Der Tierarzt im Ort wusste nicht was zu tun sei, er behandele nur Kühe und Elefanten. Ich sagte ihm das wir das schon hinbekommen und kaufte in der Apotheke Kindersaft mit Antibiose, Augensalbe und Hautcreme für rund einen Euro, wusch die Wunde mit Wasser und Seife und erklärte der Familie was nun für die nächsten 2 Wochen zu tun war. Ich war wirklich gerührt, unter all den Menschen hier, die die Hunde oft wie Dreck behandeln, jemand mit so viel Zuneigung zu finden. Je öfter ich vorbeischaute, umso besser sah das Hündchen aus. Er spielte wieder und die Wunde war am Tag meiner Weiterreise komplett trocken. Das wärmt das Herz. Oh wie ich meinen Beruf doch liebe. ;)


Ich war bereit. Bereit heim zu gehen. Und so kamen mir die letzten Tage wie Wochen vor. Noch gut 13 davon hatte ich zur freien Verfügung und bereits jetzt hatte ich alle Highlights gesehen. Bedenkt man das Loch in der Geldbörse, kann es ziemlich schwer werden auch in einem günstigen Land Beschäftigung zu finden. Zumal fehlende Wärme von außen oder innen den Alltag beherrschen.

Doch wenn man eines lernt auf solch einer Reise, ist es aus wenig ein Abenteuer zu machen. Noch sind die Ketten des Alltags nicht an den Füßen. So beschloss ich den langsam aufsteigenden wehmütigen Keim der Vorweihnachtszeit mit Singen ein Schnäppchen zu schlagen und tankte Sonne in einem hoch gelegenen nepalesischen Dorf. Und war vermutlich die einzige Reisende, die durch Siddha Höhle in Bandipur „Leise rieselt der Schnee“ pfiff. Naja so falsch lag ich ja nun auch nicht. Die 5000er waren stets im Hintergrund sichtbar, wenn man von den grünen Berghängen in die Ferne zum Horizont blickte.


Schön wäre es gewesen hier den Sprung in die Tiefe zu wagen; aber aufgrund der Feiertage beim Betreiber musste ich fürs Paragliding nun doch zurück nach Pokhara. Noch einmal in die Touristenhochburg Nepals mit Kühen und Hunden auf den Straßen, die einen liebevoll des Nachts mit Gekläffe weckten. Da half auch all das Yoga und Meditieren beim Guru nix. Ich bin einfach zu ungelenkig dafür und für den inneren Frieden reise ich ja schließlich. Ich war am Ende recht froh, dass ich nicht für 10 Tage in ein Ashram gegangen war. Ich denke es gibt Dinge, die sind einfach so gar nichts für meinen Charakter. Dann lieber die vielen gemütlichen Gespräche mit anderen Backpackern am Lagerfeuer.


Und dann war Weihnachten. Mein erstes Weihnachten fern der Familie. Und in Nepal? War alles wie am Vortag auch. Andere Religion, andere Bräuche und Sitten. Es fühlte sich so unglaublich falsch für mich an. Mein Herz klopfte nur „Heimweh, Heimweh, Heimweh“… So ist das also, wenn man derjenige ist, der auf Reisen ist, wenn die Familie daheim zusammen findet. Für Andere aufregend, für mich eine wichtige Lektion. Naja, so schlimm war es am Ende auch nicht, aber für einen Moment hält man schon inne und wertschätzt die Selbstverständlichkeit. Ich glaube ich habe bis auf einen Pfarrer, der in Nepal das Christentum verbreiten will, nur weihnachtshassende Menschen zu dieser Jahreszeit angetroffen. Da überlässt man das Schenken doch einem selbst und leistet sich den lang ersehnten Paragliding Flug.


Darum gibt es von mir am 24.12.2014 nur Fotos in der Luft zu sehen. ;)


Es war dann auch der Abend an welchem ich beschloss meinen Flug umzubuchen. Warum ausharren, wenn alles erreicht ist? Und wie es das Schicksal so wollte, klappte mein unterfangen, wenn auch erst beim zweiten Versuch. Neujahr, sollte mein Flieger gehen, wie passend. Gut gelaunt verbrachte ich die letzten Tage mit dem Besuch von Patan, einer Stadt, bekannt für ihre Altertümlichkeit und historischen Tempel.


Wunderschön und zugleich sehr arm. Wie vor hundert Jahren leben diese Bewohner. Kein fließend Wasser, Tauschhandel auf den Straßen und beten für eine bessere Zukunft der nächsten Generation. Die Haare auf der Straße waschen, umgeben von gackernden Hühnern und mittendrin bettelnde Kinder. Es ist sehr schwer damit umzugehen; weiß man doch, dass es niemandem hilft da nachzugeben. Trotzdem steckt der Kloß im Hals fest, bei all dem weggeworfenen Essen und Hausrat in der unserer hochmodernisierten verschwenderischen Welt. Hier landet Verwertbares nicht im Müll, nur das nicht verwesende Plastik verstümmelt das Landschaftsbild.


Es ist eine so sonderbare andere Welt und man beobachtet Dinge, die auch in Dokumentarfilmen niemals so zu sehen sind. Die Menschen in Nepal sind tagsüber nie im Haus, sondern schlafen teils einfach davor, wo es warm ist. Das Haus ist kein Lebensort für sie, nur einen Unterkunft bei Nacht. In Deutschland dreht sich das Bild um 180°. Wer seine Behausung verlässt, streift umher, aber verweilt nicht. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es das Nomadenleben der Vorfahren sein muss und die fehlende Heizung im Land, welches die Menschen in Nepal prägt. Ob mit Yak über die 5000 Meter Pässe oder hier unten im Tal. Die Berge formen ihre Menschen. Und auch ich musste mich dem Himalajaklima nochmal stellen, als ich am letzten Erlebnispunkt angekommen war. Hoch oben in Nagarkot am Fuße des höchsten Gebirges dieser Erde durfte ich ihn in der Ferne bei aufgehender Sonne sehen, den Mount Everest. Der höchste Berg überm Meeresspiegel und der näheste Punkt zum Himmel. Es ist atemberaubend und diesmal nicht wegen der dünnen Luft. Sondern die Schönheit dieser Erde kann den noch so eingestandensten Globetrotter immer wieder verzaubern.


Eine letzte Wanderung, ein letztes Mal durch die verwinkelten stinkenden Gassen von Kathmandu, ein letztes Mal Shopping. Ein letztes mal den leckeren Chai Latte mit Zimt im Himalaya Cafe. So war mein Tag vor dem Flug. Es war Silvester und dafür sehr ruhig. Raketen und Knaller sind im Land verboten und so gingen ich und einige andere Backpacker essen und verbrachten die Nacht unterm Sternenhimmel auf der Hostelterrasse bei Kerzenschein. Einige stimmten Lieder auf ihrer Gitarre ein, andere telefonierten mit daheim, wieder andere planten ihr nächstes Ziel, einige waren erst angekommen und suchten wild im Stadtplan herum und hier und da trafen sich alte Bekannte. Und ich? Ich war zufrieden, inmitten von Gleichgesinnten und starrte auf meine Hände. Ein Henna Tattoo zierte meine Haut, ein Glücksbringer fürs neue Jahr. Lange würde es nicht halten, dafür aber die Erinnerungen.



Als ich am nächsten Morgen erwachte, packte ich zum letzten Mal und musste nun schweren Herzens meine Flipflops aussortieren, gute Begleiter seit der ersten Stunde.




Ich freute mich und war traurig. Schon seltsam so eine Reise...


Und ich kann noch nicht mal sagen ob ich mich anders fühlte oder endlich wie ich selbst. 
Ich weiß nur, ich bin glücklich. 


Mein Flug gen Europa war noch einmal lang. Geschlagene 6 Stunden musste ich in Quatar ausharren, inmitten der langen Wüstennacht. Ich glaube ich habe noch nie so lange in einem Zeitschriftenshop verbracht und am Ende nichts gekauft. Und ich war auch noch fast die Einzige im Flughafengebäude. Ich erinnere mich nur noch wage ans Boarding, ich war sooo Müde. Aber das machte überhaupt nichts. Gute 8 Stunden später schloss ich nämlich wohlbehalten und erschöpft meine Familie nach einem Jahr wieder in die Arme. :)



Freitag, 27. Dezember 2013

500 Tage

Ist es genug? Ja schon, zumindest für den Moment. 500 Tage.... und ich bin ein Backpacker durch und durch. Ich finde mich zurecht, auch im Nirgendwo

Sonntag, 1. Dezember 2013

Eine etwas traurige Mitteilung

Liebe Fangemeinde,

Gestern gegen halb 11 abends war es soweit: In geistiger Umnachtung habe ich leider und ungewollt mein Netbook ueber die Bettkante geschoben. Es schepperte laut; der Monitor hat es nicht ueberlebt.

Der Computer selbst funktioniert, aber ich sehe natuerlich nix mehr. Der Bildschirm ist bis auf die Plastikummantelung durchgebrochen. Die Technik dazwischen verstuemmelt. Alles in allem ein leidiger Anblick. Meine restlichen Daten konnte ich gluecklicherweise, dank eines gutes Freundes mit Hackerkenntniss, retten. Bilder sind alle soweit bekannt gesichert. Meine sporadisch gemuetlichen Filmabende gehoeren aber vorerst der Vergangenheit an; gleiches gilt fuer das Blog schreiben. :(

Es tut mir sehr leid, die Updates werden demnach erst folgen, wenn ich heimatliche Gefilde erreicht habe. Ist ja nicht mehr lang. Werde zumindest mit meinem Smartphone immer mal kurze Meldungen geben koennen. Eine Art Live-Blog mit wenigen Worten und hoffentlich zumindest einem Bild gemacht vom Handy aus. Ohne Rechner ist das hochladen der Kamerabilder naemlich auch nicht moeglich.

Naja, gibt Schlimmeres. Befinde mich gerade im Dschungel in Khao Sok und verbringe gemuetlich meine letzten Tage in Thailand. :)

Freitag, 8. November 2013

reale Märchenwelten


Flores, die Blume Indonesiens. Und von Sulawesi aus scheinbar schwierig zu erreichen, vor allem wenn der einzige Flug am Tag aufgrund einer kranken Boardcrew abgesagt wird. Und das, nachdem ich 7 Stunden am Flughafen für lau saß. Immerhin gab es eine Nacht umsonst mit Vollverpflegung in einem etwas besseren Hotel, doch der Tag  war letztendlich verschenkt und fehlte mir auch irgendwie für Flores. Das chinesische Frühstück machte es da auch nicht unbedingt schöner. Reis mit komisch gewürzten Soßen 6 Uhr früh... Bahh! Aber mit unvorhersehbaren Planänderungen muss man eben rechnen in einem Land, welches touristenmäßig noch in den Kinderschuhen steckt.


Ich kam also erst am nächsten Morgen in Maumere an und setzte mich zugleich in den Kleinbus nach Moni, einem kleinen gemütlich gelegenen Dorf am Fuße von ehemals aktiven Vulkanen. Die Fahrt war keineswegs mit der gemütlichen Nachtbusfahrt in Sulawesi zu vergleichen, denn statt Touribus mit Beinfreiheit, gab es den öffentlichen Nahverkehr mit Sardinenbüchsen- Garantie. Es erinnerte mich ein wenig an meine Minibusfahrt in Botsuana. Der Bus wurde auch hier gestopft bis unter die Decke, das Gepäck auf das Dach geschnallt und aus einem 12 Personenbus ein 20 Sitzer gemacht.
Ich hatte Glück und saß am Fenster. Und mit Glück meine ich den besten Platz im Personenstau auf Rädern. Die Indonesier stört es nämlich nicht Andere voll zu qualmen. Und da es keine Rauchverbote gibt, paffen die ihre ohne-Filter Zigaretten wann immer es ihnen danach ist, vor allem wenn Langeweile aufkommt, wie z.B. während einer Busfahrt. Ja genau, sowas Rücksichtsloses. Wirklich, so lieb und freundlich die Indonesier sind, für die ständige stinkende Qualmerei könnte ich ihnen 5 mal den Hals umdrehen.

Ich hing also die Nase in den Wind und wurde mit einer Mischung aus Parfümerie und Eiscremeladenduft begrüßt. Vanillebäume wohin das Auge reicht in den saftigen Berghängen von Flores. Lecker. Das war die Antwort auf die Frage, wie ich die 3 Stunden Fahrt schnell hinter mich bringen konnte: Augen zu und Vanille schnüffeln.


In Moni angekommen, checkte ich im ersten Hostel ein, dass ich finden konnte. Übermüdet war nämlich an jenem Zeitpunkt eine gutklingende Untertreibung. Im Bintanghotel gab es ein Einzelzimmer mit verhandelbaren Preis und nach einem äußerst leckerem Mittagessen verbrachte ich den Tag damit mit meinem deutschen Zimmernachbarn zu schwatzen. Er war es auch der Jenige, welcher mir dann nachhaltig vom Allein-reisen in Indien abgeraten hat. So viele Schaudergeschichten. Ich muss ja zugeben, ich wusste, dass sich meine Asienroute leicht abwandelt, aber das nach dem zur Zeit nicht bezahlbaren Myanmar auch noch Indien wegfällt, damit habe ich weniger gerechnet. Aber was macht man nicht alles um im letzten Land nicht dem allgegenwärtigen Raubüberfall zum Opfer zu fallen. Nein so viel Stress zum Abschluss muss nun auch nicht sein. Zu viel Unruhen derzeit, dann wird’s eben Nepal. Ist ja nicht so als reise man ohne Plan B. ;)


Wir ließen den Abend dann gemütlich bei einheimischer chilliger Musik vom Restaurant ausklingen und ich legte mich sehr zeitig schon schlafen, denn am nächsten Morgen hieß es schon wieder, der frühe Vogel und so weiter. Wer die 3 Kraterseen am Kelimutu bei voller Pracht bestaunen will, muss die Federn gegen 5 Uhr morgens eben verlassen. Und so ging es auf den Motorroller mit Guide ab hoch zum Vulkan.



Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass mich die Aussicht so umhaut. Nicht nach all dem was ich bereits an wunderschönen Dingen auf meiner Reise sehen durfte, aber die wolkenverhangenen Berghänge im Tal zum Kontrast zu den bunten Kraterseen war einfach nur wunderschön. Solch Frieden und Ruhe inmitten eines Dschungels, weit weg von Hochhäusern und U-Bahnen. Sogar kleine Äffchen hüpften auf den Bäumen umher. Es hat natürlich viel zu der Stimmung beigetragen, dass ich so gut wie allein war. Es gibt wenig Tourismus im Hinterland von Flores. Und es macht mich traurig zu wissen, dass ein internationaler Flughafen in Planung ist, der die Massen an diese Orte bringen wird und genau dieses Flair, was ich morgens 6 Uhr dort oben erleben durfte, entziehen wird.


 Auch der Komodo Nationalpark wird darunter leiden. Und auf meiner langen Fahrt entlang der Vanilleduftenden vom Regen heruntergespühlten Felswände Richtung Westküste freute ich mich leise, genau dieses Paradies jetzt noch sehen zu dürfen. Komodo und Rinca, die Insel der Drachen. Echte Drachen, mit giftigen Speichel und gespaltener Zunge, auch bekannt als Komodowaran, der größten lebenden Echse auf unserem Planeten. Und der Marine Nationalpark rundum die Inseln, der mit als eines der Taucherparadiese dieser Erde bekannt ist. Clownfische, lebende Korallen, Mantarochen und die besten Driftdives, die man sich vorstellen kann.


Und ich bekomm am Tag meiner 3 tollen Dives, ne Erkältung und hab die Nebenhöhlen dicht! Ja genau, so viel Pech muss man sich erstmal verdienen. Erst Ohrenentzündung, welche ich mit akribischen Tropfen und Antibiose innerhalb von 10 Tagen zum Originalzustand auskurieren konnte und dann muss ein Schnupfen mir das ganze vermasseln. Ich hab‘s versucht, wirklich, bin mutig aufs Boot, aber nach 8 Metern war Schicht im Schacht, wie man so schön sagt. Kein weiterer Druckausgleich möglich. Der Taucher ist zum schnorcheln verdonnert. Ganz prima. Ich hab mich vielleicht geärgert, zumal ich ja extra deswegen auf die Insel bin und Labuan Bajo ist jetzt auch nicht gerade billig.


Aber was soll man schon machen. Also hieß es Schnorcheln! Wenigstens hab ich die tolle Unterwasserwelt zu 80% entdecken können. Die Sicht war klar und im Park wimmelt es von Leben. Alles was an den Grenzen zum Park von der einheimischen Sprengstofffischerei nicht zerstört ist, lebt rings um Komodo. Es ist unglaublich, wie viele Fische durchs Wasser schwirren, wie viele Arten von Korallen, Muscheln, Fischen und anderen Weichtieren auf einem Quadratmeter Platz haben... wie stimmig es ist. Und so viele Farben. Ein Traum von einem intakten Riff.


Fünf Tauchgänge an zwei Tagen wurden zu 5 Schnorchelgängen für mich, aber ich war am Ende gar nicht mehr so traurig deswegen. Es hat mir eine Menge Geld gespart nur an der Oberfläche herum zu schwirren und ich konnte viele Bilder knipsen, was beim Tauchen nur bedingt möglich ist durch die Tiefenbeschränkung meiner Kamera. Und das muss auch einmal gesagt werden, ich hab die Mantas gesehen, die Taucher nicht. Ätsch. Insgesamt waren es 2 schöne Tage: die Crew war super, das Essen an Board auch und natürlich der Wanderausflug nach Rinca zu den Drachen. Und die Viecher sind echt riesig. In freier Wildbahn eher weniger zu erblicken, liegen sie auf Futter hoffend faul unter der Küche der Rangerstation. Perfekt zum Fotografieren.


Auf Rinca gibt es natürlich auch noch andere Tiere zu entdecken. Es ist eine Art Steppenklima, das bei Sonneneinstrahlung zu einem sprichwörtlichen Backofen wird. Mir war noch nie so heiß nach 100 Meter laufen. Zum Glück zogen sich die Wolken zu, als wir zum 1,5 stündigen Inselrundgang aufbrachen. Bei der trockenen Hitze will man sich sonst am liebsten einen Venenkatheter zur permanenten Flüssigkeitszufuhr legen. Den Tieren scheint es da nicht anders zu gehen. Gesehen haben wir sie nur in Wassernähe. Hirsche, Büffel, Wildschweine, ein Bienenstock, Affen und viele viele Vögel in stetiger Acht vor den 4-beinigen Drachen, ihre Majestät Indonesiens, welche die Insel ihr Eigen nennen. Schon toll.


Ich war auch tatsächlich nicht einmal am Strand auf Flores. Das heißt ich war einmal an einem Strand, aber das ist so eine Geschichte, die man als „erlebt und hinterher Kopf schütteln“ abhaken kann. Der Typ, der mir aus dem nicht-internetfähigen Moni meinen Flug besorgt hatte nach Labuan Bajo, war ein ansässiger Guide und als ich ihm das ausgelegte Ticket bezahlte, fragte er mich, ob ich ihn als Guide für den ganzen Tag buchen wolle und vielleicht den Strand mit den blauen Steinen sehen wolle, denn die wären richtig besonders. So toll und selten, dass China die hier abbauen lässt. Touristen fahren extra an diesen Strand um die blauen Steine zu sehen und es kostet mich nur 5 Dollar. Ich: Mm, noch nie was davon gehört, aber lokale Guides wissen so manche Geheimtipps. Ich sagte ok, denn ich hab sowieso den ganzen Tag nichts anderes vor, denn mein Flug geht erst am nächsten Morgen in der Früh und wenn er mich da auch noch hinbringt, haben wir einen Deal.
Gute 2 Stunden und einen bösen Sonnenbrand später fehlten mir dann tatsächlich auch die Worte. Also entweder hielt er mich für rappeldumm oder er war tatsächlich fasziniert von diesen ganz gewöhnlichen leicht blaugrauen Haufen Steinen im Wasser.  Den Tag hätt ich auch sinnvoller verbringen können.


Das war in „Ende“. Und in Ende war auch Ende, mehr muss man nicht erzählen. Ende ist Zwischenstation zwischen Moni und Labuan Bajo. Da mir ja ein Tag zum Reisen fehlte, kam ich hierher um am Morgen den Flieger zu nehmen. Ich hätte natürlich erahnen müssen, dass auch dieser Flug wieder Verspätung hat. Wie sollte es auch anders sein? Ich regte mich schon gar nicht mehr auf, irgendwie waren meine Erwartungshaltungen an den Flugverkehr in Indonesien so weit gesunken, dass ich mit Gelassenheit am Flughafen mein Buch las, bis der Flieger 4 Stunden später abhob.
Meinen letzten Tag in Flores verbrachte ich noch mit einem Besuch an einem Wasserfall. Ich traf auf dem Tauchboot auf einen sehr netten Brasilianer und da die Latinos ja nicht nur für ihr unverschämt direktes Flirten bekannt sind, sondern genauso verrückt durch ihr Land mit dem Motorroller fahren, mieteten wir uns eine Maschine und fuhren los in Flores‘ Wildnis.


Unser Ziel zu finden stellte sich als recht interessant heraus, denn bei jeder Nachfrage nach dem Weg in Kilometer  oder Zeit bekamen wir komplett gegensätzliche Angaben. Einmal waren es 2 Stunden und 10km, dann eine Stunde und 45min, dann 10 Minuten, 5 Minuten später waren es wieder 1,5 Stunden. Im Nachhinein denke ich: das mit dem SI System klappt da unten noch nicht so ganz.
Die Fahrt war aber recht cool. Da Weiße in Indonesischen Dörfern dann doch sehr selten sind, ist jeder Reisende ein lebendiges Schauobjekt. Und für die Kinder einfach das Tollste überhaupt. Egal wo wir langgetuckert sind auf den selbst für indonesische Verhältnisse schlechten Straßen über Bambusbrücken und Schotter mit Matsch, Kinder rannten zu uns, um unsere Hände während der Fahrt abzuklatschen. Und irgendwann hielten wir schon einfach so unsere Handflächen ausgestreckt, wenn wir eine Gruppe zu uns rennen sahen. Es war einfach nur herrlich wie sich die Kleinen jedes Mal  freuten wenn der High 5 geklappt hat.




Das finden des Wasserfalls war dann nochmal ein Abenteuer für sich. Durch ein Netzwerk an Wegen und dem Durchqueren von Reisfeldern und einigen Privatgrundstücken, fanden wir den eigentlichen Weg und schlussendlich auch das kühle Nass nach gut einer Stunde wandern. Es war wunderschön und ein sehr kurzes Vergnügen für Diego und mich, denn die Sonne war bereits am untergehen und so traten wir den Heimweg schneller als gedacht an, um uns bei Dunkelheit nicht noch im Wald zu verlaufen. Aber was für ein Abendteuer. Am Abend gab es dann noch echtes Brot beim Italiener (man gönnt sich ja sonst nix) und am nächsten Tag verlies ich Flores mit der 24-Stunden Fähre zurück Richtung Bali.





Diese Schifffahrt war recht unspektakulär, bis auf das ich mehrere Male tief durchatmen musste, als ich (wieder Mal) Indonesier sah, die ihren Müll ins Meer warfen oder/und die Mitreisegemeinde in ihre Starkraucherrituale einbezogen. Sowas ekelhaftes aber auch. Da hatte ich mir dann angewöhnt, wenn ich zu genervt war, mein Sofortspray vorzuzeigen, wenn neben mir Jemand mit Glimmstängel Platz nehmen wollte.
Über Sumbawa und Lombok  und Bali, setzte ich mich nach einem Tag Pause in den Bummelbus nach Propolingo, um noch 2 aktive Vulkane besuchen zu können. Ich kam natürlich mit Verspätung an und hatte viel zu viel bezahlt. In Indonesien wird man wohlwissend über den Tisch gezogen. Das Reisen von Java Richtung Bali kostet nur 1/3 als andersherum.


Es ging mit 4 verschiedenen Bussen hoch nach Bromo, einem winzigen Ort am gleichnamigen Vulkan und ich machte mich mit der muslimischen Allgegenwärtigkeit vertraut. Überall Mädchen und Frauen mit Tüchern bekleidet und vollkommen bedeckt und irgendwie doch nicht wirklich anders. So genau wird es nämlich in Asien nicht genommen. Alle haben Handys und wuseln ständig im Internet herum, es gibt genauso Frauen in allen Berufen und keiner stört sich so richtig daran, dass Touristen eben anders sind. In Indonesien vermischen sich die Religionen so bunt, dass innerhalb einer Familie 4 verschiedene Religionen vorkommen können und sich das beten zwischen Kirche, Mosche und Hindutempel durch den Tag weg aufgeteilt wird. Irgendwie Klasse. In anderen Ländern klappt das ja eher weniger. Toleranz auf der Überholspur? Vielleicht. Ich fand es jedenfalls klasse. Es schien mir, dass Lebensweise und Religion sich nicht ausschließen müssen. Und es ist ein Bild für die Götter, eine sehr modisch gekleidete Frau mit Kopftuch auf dem Moped zu sehen, die den Kopf rhythmisch zur Musik aus ihrem MP3 Player bewegt.


Für den Sonnenaufgang zum Bromo hieß es mal wieder 4 Uhr aufstehen, in den Jeep steigen und einen guten Platz am touristisch völlig überlaufenden Aussichtspunkt zu ergattern. Ist mir nicht so richtig gelungen, es waren gut 300 Jeeps mit jeweils 4-6 Leuten. So ein Gedrängel. Und anstatt andere Kameras, versperrten riesige Tablets mir die Sicht beim Fotografieren oder einfach mal nur ‚gucken‘. 






Später am Krater hat sich die ganze Sache schon etwas entspannter verlaufen gehabt. Teils zu Pferd und teils per Fuß strömten die Massen den Krater hoch, um vom fauligen Schwefelgeruch begrüßt zu werden und einen Blick in aktiven Krater erhaschen zu können. Und es war toll. Der weiße Rauch steigt gen Himmel und man verinnerlicht, dass man hier auf dem kochenden Relikten des offenen Erdinneren steht.

Und auch der Ijen überwältigt. Nach einer Karaoke-feier einer muslimischen Familie mit vielen Mitgliedern für die eine Gesangskarriere wohl ausfallen wird, musste unsere kleine Truppe  diesmal 1 Uhr früh aufstehen, also nachts. Und als ich mit nur 3 Stunden Schlaf einen Fuß vor den anderen setzte und den steilen Hang hinaufstolperte, dachte ich mir: „Mensch, da geht doch ein Traum in Erfüllung. Schon immer wollte ich in völliger Dunkelheit, bei 30° Außentemperatur in einen giftigen Krater einen halsbrecherischen Weg hinunter steigen, der für Besucher eigentlich verboten ist. Welch ein Zufall, dass ich genau das in Indonesien machen kann.“ Ungelogen, bergauf im 45° Winkel 2 km, Berg-runter über Geröll in den Krater mit giftigen Schwefeldämpfen, wo der Atmungstrakt brennt ohne Maske. Und dann das bizarre Wunder Erde: eine blaue Flamme, wo flüssiger Schwefel auf den atmosphärischen Sauerstoff trifft. Irgendwie unwirklich und nach gut 5 Minuten ein abgehaktes Wunder auf der Liste, denn länger hält man den Gestank nicht aus. ;)


Zum Sonnenaufgang saß ich dann oben am Krater und bewunderte den langsam enthüllenden Kratersee, der mit dem eisigen Blau einen pastellfarbenen Kontrast zum im Sonnenlicht grellgelben Schwefel darstellt und die Szenerie in eine Märchenwelt verwandelt. So lebensfeindlich und doch regt es zum träumen an. Surreal unsere Mutter Erde.


Am Ijen wird im Übrigen der Schwefel auch abgebaut von indonesischen Arbeitern, die den Pfad in den Krater, welcher mich einen gehörigen Muskelkater kostete, mehrere Male am Tag laufen. Und das mit Bambuskörben auf den Schultern, die gut 80 kg wiegen. Schwefel ist schwer, kann ich da nur sagen. Ich hatte wirklich Mitleid, denn die Bezahlung ist schlecht, die Schultern durch viele Jahre der Knechterei sind missgebildet und die Lebenserwartung durch die giftigen Dämpfe nicht sehr hoch. Bei einem solchen Anblick fragt man sich selbst, wieso man sich jemals über die Arbeitsbedingungen in Deutschland beschwert hat.


Für mich ging es nach langer Fahrt quer durch die Insel tatsächlich am selben Abend noch nach Yogyakarta. Diesmal wohl einer der schlechtesten Busse auf meiner gesamten Reise. Alt war gar kein Ausdruck. Mich hat es überrascht, dass wir nicht liegen geblieben sind. Und ich war ziemlich genervt, dass der Bus viel zu zeitig ankam, sprich mitten in der Nacht, zur dunkelsten Stunde. Aber was soll‘s, ob dunkel oder hell, ein Taxi gibt’s immer und eine Bleibe sowieso.



Im engen Straßennetz von Yogya gefiel es mir auf Anhieb. Es erinnert ein wenig an die Gässchen im Süden Europas mit versteckten Gaststübchen zwischendrin. Und auch hier liefen Hühner durchs Stadtbild. Und nach einem Stadtbummel und dem Bestaunen der typischen Bali-Batikbilder habe ich mir noch das berühmte Borobudur angeschaut. Den Hindutempel mit den Budda‘s in den steinernen Glocken. Der Sonnenaufgang war wolkenverhangen, aber der Ort nicht weniger spannend. Und während ich die in ganz in orange gekleideten Mönche beim Morgengebet erspähte, nahm ich Abschied von Indonesien und seiner Vielseitigkeit an Kultur.


Prambanan habe ich wegen der Hitze, die einem förmlich die Haut wegbrennt, nämlich nur sehr kurz besucht; aber auch diese alten Tempel haben etwas Einzigartiges, das ich nicht missen wollte. Und so endete mein letzter kultureller Tag mit einem  Platzregen, der das niedliche Gassensystem in einen reißenden Fluss verwandelte. Denn auch hier gibt es ab und an typische Tropengewitter. So nass war ich noch nie in solch kurzer Zeit. Als ob der Himmel die Schleusen öffnet und das Badewasser auskippt. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass zwischen den ersten Tropfen und dem knöcheltiefen Durchpflügen von Wasser keine 3 Minuten vergingen.


Die Nachtzugfahrt nach Jakarta war im Gegensatz zum Bus zwar verlässlich, aber nicht wirklich vorzuziehen. Es gab nur noch teure Erste Klasse Tickets und keiner hat das Licht ausgemacht. Naja, bis zum Flughafen hab ich es jedoch geschafft und zum Abschied noch einen Einblick in die Slums von Jakarta bekommen. Ein wenig hat es mich an Kapstadts Armutsbezirke erinnert. Es ist schon Wahnsinn, wie viel ich bereits sehen durfte von dieser Welt, wenn solche Vergleiche überhaupt möglich sind.