Sonntag, 26. Mai 2013

Reisepause...

Genau einen Monat ist es nun her, dass ich in Sydney, Australien angekommen bin. Und genau einen Monat lang habe ich wohl so ziemlich faul in den Seilen gehangen. Es ist wohl doch war, dass einen die Reise manchmal einholt und die vielen Eindrücke nicht verkraftet werden können und den Einstieg ins Arbeitsleben nicht vereinfachen.


Mein Flug von New York nach Sydney war lang. Ich bin ungelogen einmal quer über unsere Erde gereist. Über die Arktis wohl gemerkt, wo ich symbolisch meiner lieben Schwester gewunken habe, die auch der familiären eingeimpften Reiselust nachgeben musste und sich erstmal in den Norden für eine Auszeit verschanzt hat. Ich hatte einen kurzen Reisestop in China, ein Land in welches ich nie reisen wollte, aufgrund fehlender Tierrechte, und bin dann im Morgengrauen bei Sonnenaufgang auf dem Kontinent der giftigsten Tiere vollkommen übermüdet gelandet. Ich bin sehr froh, dass ich seit Weihnachten wieder deutlich abgenommen habe, sonst hätte ich nicht so gemütlich zusammengefaltet auf dem tagelangen Flug schlafen können.


Nach der Ankunft, hab ich meinen indischen Couchsurf - Gastgeber Satpal getroffen und bin erstmal schlafen gegangen. Und diese Tätigkeit wurde zum Hobby während der nächsten Tage, denn das Jetlag war so groß, ein Rudel Dinosaurier hätte darin Platz gehabt. Oh man 10 Stunden, mein Tag- und Nachtrhythmus war komplett im Eimer. Ich hab mich nie wach oder müde zu den entsprechenden Zeiten gefühlt, sondern in Halbtrance meinen Tagesablauf wahrgenommen. Teils war ich so zittrig und schwach; ich bin sogar zum Arzt gegangen und habe mich durchchecken lassen. Aber mehr als fehlende Vitamine und eine Magenreizung konnte nicht festgestellt werden. Immerhin keine Malaria, war ja doch lange im endemischen Gebiet unterwegs.


Der Stress ließ mit ein wenig Shopping auch nach. Endlich konnte ich mal wieder gut einkaufen gehen. Ich hatte ja schließlich die Entschuldigung, dass man präsentabel beim Jobinterview ausschauen muss. ;) Drum wohnen nun neue Schuhe, 2 Kleider und ein paar bunte Strumpfhosen zusätzlich in meinem Rucksack. Und ein Pullover, denn in Australien wird gerade Winter.

Ein bisschen hab ich mir natürlich auch die Stadt angeschaut, wenn es auch eine eher stressige Großstadt mit wenig Flair ist, aber die Flughunde, die kleinen Stinker, musste ich sehen und natürlich das Opernhaus, was bei näherem Betrachten ganz schön dreckig ausschaut.


Ich war auch einmal in einem Tanzclub, der aber so schreckliche Musik laufen hatte, dass ich mich frühzeitig trotz Gesichtsmalerei verabschiedet habe. New York kann da nix schlagen, das muss ich nun mal zugeben. Aber ich habe einige nette Backpacker kennengelernt. Was nicht wirklich schwer ist, denn in Australien gibt’s uns zu Hauf, man meint Europa müsste leer sein, so viele Reisende lungern hier rum.


Ein kurzer Abstecher zur Hauptstadt sollte besser werden als gedacht. Habe einen netten Australier kennengelernt und wir haben Canberra zusammen unsicher gemacht, während ich bei ihm eine Woche gewohnt habe. Zugegeben in Canberra ist der Hund begraben wie man so schön sagt. Ausgenommen von Parlamentsgebäuden und einigen Militärstützpunkten gibt es da nix. Die Stadt ist auch geplant gebaut und nicht ‚natürlich‘ gewachsen. Aber auch hier wie überall in Australien habe ich mit einem strahlenden Lächeln die freilebenden Kakadus, Loris und andere bunte Sittiche beim Fliegen von Eukalyptusbäumchen zum Straßenmast bewundert. Ein ganz normaler Anblick für jeden Australier. In Europa bin ich gewohnt die armen Tierchen hinter Gittern zu sehen, umso schöner wenn sie hier durchs Stadtbild hüpfen.


Ich war hier auch das erste Mal in einem Nationalpark etwas wandern und habe tatsächlich wilde Kängurus gesehen und eine verräterische Spur im Sand.







Eine Schlage? Oder doch nur ein Kind mit Wanderstock… wer weiß das schon. Ich für meinen Teil habe beschlossen, es war natürlich ein giftiges Tier in der australischen Wildnis, wenn diese auch vermutlich nur die Größe des Stadtparks im heimatlichen Altenburg hatte. Egal, als Touri ist alles aufregend in der Fremde.

















Natürlich habe ich mir auch den ein oder anderen Kinobesuch geleistet und eigentlich, so muss ich es mal sagen, recht normale Dinge gemacht. Australien ist sehr fortschrittlich und zivilisiert und wer hätte es gedacht, hat mehr Gesetze und Einschränkungen in der Lebensfreiheit als Deutschland. Das muss man als Land erstmal schaffen. Aber so ist es. Alles ist verboten und wenn es nicht namentlich erlaubt ist, sowieso mit Geldstrafe. Um einige Beispiele zu nennen: Rad fahren ohne Fahrradhelm zwischen 100-300 AUD, das Überqueren einer Fußgängerampel bei Rot, kann den Führerschein kosten und wer nicht auf einem der überteuerten Campingplätze sein Zelt oder Wohnwagen aufschlägt, kann mit einer saftigen Strafe rechnen. Es gibt noch 100 Sachen mehr, von denen ich ausgehen kann, dass die Deutschen da net so sind. Von wegen zugeknöpftes Germany, in Australien hat man teils das Gefühl mit einem Bein im Gefängnis zu stehen!
Na gut, ganz so schlimm ist es nicht, aber ich hab teils echt große Augen gemacht, als ich von den Sachen unterrichtet wurde, die ich lieber NICHT tun sollte.


Nach Canberra ging es nach Brisbane. Deutlich Wärmer bin ich dort das erste Mal überhaupt in ein Backpacker-Hostel eingecheckt. Und oh mein Gott, das war ein Schocker der besonderen Art. Backpacker auf dem Kontinent der Aborigines sind - ich muss es so sagen - Schweine. So viel Dreck und Süff in Küchen, Duschen und auf Klo’s hab ich nicht mal im unterentwickelten Bolivien erlebt; und soviel sei gesagt, ich habe wirklich EINIGES der besonderen delikaten Art über mich ergehen lassen auf Reisen. Ich war in Ländern unterwegs, wo der Lebensstandard manchmal dem Mittelalter erschreckend nahe kam! Australien kann das toppen!

In Down Under ist die Backpacker - Szene auch so überlaufen, dass es weder unabhängige niedliche und günstige Hostel gibt, noch Respekt anderen Reisenden gegenüber. Ich durfte in überteuerten Massenschlafsälen von riesigen Kettenhostels nächtigen, welches in Sachen Freundlichkeit noch Einiges an Erfahrung sammeln könnte. Auch das in anderen Ländern übliche kostenlose Internet wurde hier ohne mit der Wimper zu zucken, mit fiesem aufgesetztem Lächeln von der Kreditkarte abgezogen.
In Sachen gemütlich schlafen ist das natürlich noch so ein Satz mit 'X'. Neben besoffenen recht jungen europäischen Reisenden, die lallend in den Korridoren herum liegen, darf man des Nachts auch noch geschätzten 2 – 3 Pärchen zuhören wie sie ihr erstes Date im 16 Bett-Zimmer, unter der geliehenen Doppelstockbettdecke ausklingen lassen. Prinzipiell hab ich damit auch nicht wirklich ein Problem, aber JEDE Nacht? Da sehn ich mich nach Afrika zurück, wo ich nur mit übelrichenden Reisenden oder Schnarchern im Zimmer zu kämpfen hatte. Hier gibs das alles in einem Zimmer, mit zusätzlich roter Kirsche auf der Torte. Und wenn ich einer zufälligen Bekanntschaft glauben soll, geht es wohl noch Abenteuerlicher. Ja, ja... Sex, Drugs und wenig Rock’n Roll, denn alle sind bis auf den letzten Cent auch noch pleite. Australien zieht jedem das letzte Hemd aus. Kein Witz!


Ich habe dennoch meine Zeit ein wenig genossen und bin Vormittags mit dem Bus in die Lone Pine Koala Sanctuary gefahren und habe mit roten Riesenkängurus und Emus gekuschelt. Auch verschlafene Koalas haben von ihren Eukalyptus - Baumimitaten hervor geblinzelt und wie so manch anderes Tier, für ein Foto besonders niedlich geguckt. Beuteltiere sind schon was Besonderes. Am meisten fasziniert war ich vom Schnabeltier, dem Säugetier, welches Eier legt, wie eine Mischung aus Bieber und Ente ausschaut, im Schnabel 4 Zähne hat und sogar einen Giftstachel besitzt. Toll! Einfach nur Toll! Die Natur ist und bleibt ein Meister ihrer Kunst!




Dann gab es noch eine Kostprobe im Schafe scheren und Hütehund Training und mit einer deutschen lieben Reisebegleitung sind wir später am Tage noch in einen Club der etwas anderen Art aufgeschlagen und  haben den Abend auf besonders interessante Weise ausklingen lassen. Es gab so unglaublich viel zu erzählen.


Am Folgetag bin ich dann ab zur Goldküste, mit dem Zug, um ein wenig Abstand vom Großstadtleben zu bekommen und habe mich in einem Hostel am Strand einquartiert. Naja Gold Coast war nicht wirklich dörflich, aber immerhin hatte es den besten formbaren Sand der Welt vor der Haustür. Egal was man baut, es bleibt stehen und in Form. Bei genauerem Hinsehen sieht man auch warum; denn die Sandkörper sind nicht rund, sondern wirken faserig und scheinen somit ineinander zu greifen.


War auch gar nicht so kalt am Strand. Winter in Queensland sieht nämlich ungefähr so aus. Es schüttet 2/3 des Tages, dann scheint die Sonne und das ganze passiert bei um die 18 Grad. Nicht Übel würd ich sagen. Könnte ich mich mit anfreunden.
Und eben an einem jener Tage bei Nieselregen am Strand, habe ich beim Zuschauen lebensmüder Surfer in stürmischer Flut, Delfine Wellenreiten gesehen. Wahnsinn. Erst dachte ich, es sei ein verirrter Surfer, welcher versucht unter den Wellen aufzutauchen; dann sah ich jedoch die Größe des Körpers, der da durchs Wasser glitt und anschließend eine Rückenflosse, dann eine Zweite. Der Augenblick, wenn auch nur eine Sekunde lang, hat sich so tief in mein Gehirn eingebrannt, dass ich auch jetzt noch mit Stolz von dem Erlebnis erzählen kann. Selbst für Australier ist das ein seltener Anblick. Denn eigentlich wollte ich die vielen plappernden Loris im Baum knipsen, die munter bei Dämmerung in den Baumwimpeln umher flatterten und dabei einen Krach mit dem Lärmpegel einer Rockband erzeugten. Haha. Viel Unscheinbares gibt es in Australien zu entdecken, und das, Abseits der eigentlichen Attraktionen.


Doch mit dem Backpacken in Down Under ist das eben so eine Sache mit Schattenseite. Wenn sich auch das Gemüt am Reisen erfreut, dem Konto erging es gegenteilig, seit es mit den Preisen hier konfrontiert worden war. Unfassbar, wie Dominosteine purzelte das Geld ohne Wenn und Aber in den gierigen Rachen des Tourismus. Und mir dämmerte recht schnell die schon lang vorausgesehene Misere… Nein, es führte kein Weg daran vorbei: ich musste wieder arbeiten. Von allein wünscht sich das liebe Geld zum Reisen einfach nicht aufs Konto. Und da ich in der Vergangenheit auch mit Lotto spielen eher magere Erfolge hatte und auch kein Kobold mit Goldtopf aufzufinden war, beantragte ich brav eine Steuernummer, eröffnete ein australisches Bankkonto und schlug mein Netbook mit einem Seufzer auf. Ich googelte mich zu gumtree.com.au und seek.com durch und suchte das erste Mal seit nun mehr gut 10 Monaten wieder nach einem Job! 


Die Gerüchteküche behauptet ja, in Australien bekommt man immer einen Job, und gut bezahlt wird auch. Die Wirtschaft in Australien braucht die Backpacker, und wenn du heute suchst, hast du innerhalb von einer Woche, wenn nicht sogar morgen, sicher etwas Tolles gefunden, und du reist von Ort zu Ort, arbeitest 2-3 Wochen am Stück, und dann geht es weiter. Somit erkundest du Australien und verdienst dein Geld dafür, während du die liebenswürdige, ungezwungene und stets herzliche landestypische Natur der Einheimischen kennen lernst.


~ Wie falsch ich dabei liegen sollte, konnte ich zu dem Zeitpunkt nicht auch nur im Geringsten erahnen…~