Samstag, 10. November 2012

Peru


Am 29.10. war es soweit, meine erste Grenzüberschreitung per Bus und gleichzeitig meine erste Nachtfahrt im Schlafsessel. Ein letztes Mal habe ich mir am Busbahnhof einen leckeren ecuadorianischen heißen weichen Schockokuchen mit Soße geleistet und bin dann Richtung Peru aufgebrochen.




Die Grenzkontrolle mit Passabstempeln in der Nacht um 1Uhr ging ganz entspannt vor sich und gegen 4Uhr morgens war ich bereits am Zielort in Peru angekommen. Ein Motortaxi brachte mich ins nächstgelegene Hostel am Meer und friedlich schlief ich in den kommenden Tag ohne Vorahnung was mich nun die nächsten Tage so alles erwartet…


Ich würde nicht sagen, ich war vom Pech verfolgt, aber Peru hat mich mit offenen Armen in seine von Korruption geprägten Geister willkommen geheißen. Man wird nämlich über den Tisch gezogen, wo es nur geht und ist als Tourist auch kaum in der Lage diese Situation immer zu umgehen. Ob beim Einkaufen von Lebensmitteln, mit zu wenig Rückgeld oder bei den Taxipreisen, die Bescheißerei gehört hier zum guten Ton und nach einigen Tagen glaubt man keiner Seele mehr etwas.


Um das wohl schlimmste Beispiel zu nennen, wäre meine Halloweenfahrt von Mancora nach Trujillo. Bei einer lokalen Agentur habe ich für 50 S/. ein Nachtbusticket gekauft und mir 3x versichern lassen, dass es ein Direktbus im Schlafsessel ist ohne jeglichen Zwischenstopps und mit einer guten Buscompany. Die korrupte Peruanerin hat das Schnäppchen des Tages gewittert und mich abends 11 Uhr in den lokalen Bus der Einheimischen gesetzt, sich selber 20 S/. in die Tasche gesteckt und war schneller verschwunden als ich ‚Stop‘ sagen konnte. Umgeben von zwielichtigen Personen mitten in der Nacht in einem Klapperbus und den ständigen Zustrom an zusteigenden Schatten beobachtend, habe ich natürlich kein Auge zugetan und wie ein Luchs mein Gepäck bewacht, hoffend dass es auch mein großer Rucksack im Kofferraum bis zum gleichen Ziel schafft.


Ich war so sauer und müde und genervt… da konnte selbst das Erfolgserlebnis Surfen nix mehr rausreißen, und das hat wirklich viel Spaß gemacht. Ich bin bereits beim zweiten Versuch aufgestanden und die Welle bis ans Ufer geritten. Talent Talent, ein Lichtlein brennt. ;) Nochmal vielen Dank an meinen Auswanderbekanntschaft und ihren Freund, der mit mir früh 7 Uhr die ersten kalten Surfwellen gezähmt hat.


Vollkommen übermüdet in Trujillo angekommen, wollt ich mir zumindest den Tag mit einigen Ruinen aus der Prä-Inkazeit versüßen, und habe mit einer geführten Tour die Mauern von Chan Chan bewundert und bin in den Huaca del Sol und Huaca del Luna durch die farbreichen Lehmgemälde geschlendert.


Weiter ging es nach Huaraz, einem kleinem Bergsteigerörtchen in der Cordillera de Blanca, einem fantastisch anmutenden Andenwandergebiet. Den Santa Cruz Trekk als Ziel marschierte ich mit Übersetzungsgehilfin in eine Trekkingargentur und buchte die Tour für Montag. Zum Eingewöhnen an die Höhenlage, habe ich die Ruinen von Chavin besucht und freute mich nun auf türkisblaue Gletscherseen und weiße Schneekuppeln der Berge.





Was ich nicht ahnte, dass genau am Tag nach meiner Ankunft die Regenzeit in ihrer schönsten Ausführung zuschlagen sollte. Es goss und goss und zu meinem Unglück quartierte sich in der Nacht auch noch der Reisedurchfall in meinem Körper ein. Es war ein Elend, das kaum in Worte zu fassen ist. Das Bett wurde zum größten Freund und die nichtbeheizten Zimmer zum ärgsten Feind beim Weg ins Bad. Und das allererste Mal auf meiner nun fast 3 Monatigen Reise musste ich zur Reiseapotheke greifen. Das Heimweh verschaffte sich auch ein wenig Platz zwischen all den Erlebnissen und die heimische Couch mit Hund erschien wie das Königreich auf Erden in der Fremde und einer Situation die unbehaglicher nicht hätte sein können. Reiseziel Pähnitz, wäre nicht von der Hand zu weisen. ;)











Der Santa Cruz Trekk war damit für mich passé, was im Nachhinein mit alldem Regen irgendwie doch zu verkraften war, denn auch die eisblauen Gletscherseen erblassen bei dieser Wetterlage im tristen Grau der Wolkendecke und sowohl Packtiere, als auch Wanderer konzentrieren sich mit kalter Himmelsdusche eher auf den Matsch am Boden, anstatt die Wunderwelt Andenlandschaft in Augenschein zu nehmen.


Ich habe vor meiner Abreise nach Lima zumindest noch einen der vielen Seen in Angriff genommen, wenn auch die Weicheitour schlechthin, da mit Bus, aber 7 Stunden wandern nach einem Darminfekt erschien mir auch etwas gewagt.


Mal wieder zu früh am Ziel mit dem Nachtbus angekommen, fragte ich mich ein letztes Mal, warum Peru eigentlich so grausam zu mir ist. Sollte der Bus doch bei Tageslicht 7 Uhr die Hautstadt erreichen, und mich nicht früh 5 Uhr in der Dunkelheit am Terminal absetzen. Man kann sich auch auf nix verlassen. Gleichgültig plapperte ich einen Taxifahrer zu und nach einem langen hin und her in Spanglisch fuhr er mich zum Busbahnhof von Perubus, damit ich Ica noch zeitig am selben Tag erreiche und endlich in der ersehnten Wüstenoase Huacachina ein paar Tage zum Verschnaufen habe.


Das klappte! Ich bin an einem kleinen Ort mitten in den Dünen und Palmen, umgeben von anderen deutsch- und englischsprachigen Backpackern, sowie leckeren Essen und fühle mich nach all den Anstrengungen der letzten Tage richtig wohl. Okay es ist hier alles wahnsinnig überteuert, aber Peru hat sich sowieso als Geldfresser heraus gestellt. Vorbei sind die Tage, an denen eine 8 stündige Busreise 2 $ kostete. Nun sind es um die 25€, und wenn auch die Busse echte Luxusliner sind und der Backpacker ein Menü für 5 S/. (1,50€) bekommen kann, landet der Kopf doch täglich mit einem dumpfen Knall auf der Tischplatte beim Lesen der Abrechnung.


Dennoch will man sich natürlich etwas Spaß gönnen. Die Buggytour in die Dünen zum Sandsurfing erschien mir da das Richtige. Gibt auch nix anderes zu tun hier, neben Sonnenbaden und Poolhüpfen. Und ich kann sagen, das waren vielleicht steile Abfahrten. Die Dünen hier sind riiieeesig!


Leider auch hier, wie überall sonst in Peru: Müll soweit das Auge reicht. Ich muss wirklich sagen, das Land ist eine Müllhalde. Die Panamerika entlang kann man von Plastiktüten jeglicher Farbe, bis Glasflaschen, Papier, Essensresten und Abfällen alles zu Hauf am Straßenrand bewundern. Man hat das Gefühl, die Busse fahren nur deshalb des Nachts, damit Touristen sich dem Gedanken entziehen durch eine Müllkippe zu reisen. Die verwahrlosten Straßenhunde knabbern natürlich auch abgestellte Tüten auf, um sich am Inhalt zu laben und verstreuen die Reste. Der Wind trägt es dann in die Natur, wo es in Bäumen und Sträuchern die Umgebung ziert.


Und den Peruaner stört es so gar nicht. Kaum an der Natur interessiert wird alles achtlos in die Umgebung geworfen. Mir wurde sogar von Reisenden berichtet, dass Mülleimer im Amazonas einfach in den Fluss entleert werden und leider auch Plastikflaschen im Regenwald kein seltener Anblick sind.







Diese Mentalität der Gleichgültigkeit bleibt mir auch weiterhin rätselhaft und es macht mich traurig, denn Peru hat mit seinen so vielen noch gut erhaltenen Ruinen so viel Potential, und die majestätisch schöne Umgebung, welche man wirklich nur in den Nationalparks antrifft, gibt dem Land der Inka ein Flair, dass ohne Müll einem Traum ähneln könnte.

Leider ist dem nicht so. Der Peruaner ist lediglich stolz auf seine Nackthunde, die mit nur 3 Fusseln auf dem Kopf immer noch bis zu 30 Flöhe aufweisen.









Die letzten 12 Tage erscheinen mir jedenfalls sehr lang. Vielleicht weil ich sie allein durchlebt habe und mal nicht alles nur Sonnenschein mit rosa Wolken war. Und mein längerer Auffenthalt in Huacachina hat mir gezeigt, dass Pausen vom Reisen notwendig sind, denn so durcheinander wie mein Gepäck im Moment, wird es teils auch im Kopf wenn der Verstand mit allem Möglichen bombardiert wird.




Gut gestärkt, ausgeschlafen und endlich wieder Gesellschaftsfähig geht es morgen früh nach Nazca. Ich bin gespannt…

6 Kommentare:

  1. Wie immer habe ich auf Deinen Bericht mit Spannung gewartet.Die letzten Tage/Wochen bei klingen sehr anstrengend und auch ein wenig nachdenklich. Die Mentalitäten und Ansichten der Menschen sind sehr unterschiedlich. Nicht jedem liegt die Natur/Umwelt am Herzen und nicht jedem liegen die Menschen am Herzen. Deinem Weg werden noch einige dieser Tage kreuzen, doch wichtig ist das man aus allem etwas mitnimmt.
    Ich hoffe Du hast Dich gut erholt von Deinem Darminfekt. Ich will Dir nicht zu Nahe treten, möchte Dir aber den Rat geben jegliches Wasser, egal ob gekauft oder aus der Leitung zu desinfizieren. Gut wäre wenn Du Micropur Forte oder Classic dabei hättest. Magen und Darminfekte sind wohl die häufigsten Krankheiten die man sich auf solch einer Tour zuziehen kann. Naja und unsere "Europäischen" Mägen sind auch nicht so gut auf "Fremde" Nahrung zu sprechen.
    Gönne Deinem Kopf/Körper/Seele eine Pause, die vielen Erlebnisse müssen erst einen Platz in Dir finden um weiteren Erlebnissen Freiraum zu geben. Ich wünsche Dir weiterhin eine gute Reise.
    lg.silence

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    1. Danke :)

      Das gekaufte Wasser ist ok und meine Micropur forte hab ich noch nicht gebraucht. Es war meine eigene Schuld. Hatte einen Apfel auf dem Markt gekauft und nicht gewaschen und beim herumlaufen in der Ruine nicht mehr daran gedacht als ich genüsslich rein biss. Danach ging der Spaß los. :/

      Und ja, man macht sich so seine Gedanken nach gut 3 Monaten unterwegs. Das Reisen wird zum Alltag und verschafft einem doch andere Blickwinkel.

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  2. Hallo, freut mich, dass es dir wieder besser geht und das reisen wieder Spaß macht. Hoffe, wir Kriegen es auch mal wieder mit dem skypen hin. Letzten Donnerstag ist mir leider was dazwischen gekommen. Aber dafür hab ich dich ja bei Facebook entdeckt. :)

    Schade, dass die vieleSüdamerikaner die Schönheit ihres Landes immer noch nicht zu schätzen wissen. Das hat mich 2003 auch schon gestört. Allen voran die Busfahrer, die jedes Fitzelchen Müll zum Fenster raus warfen...

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    1. Nicht nur Busfahrer. Eigentlich alle... :( naja zumindest die Guides geben ein wenig in den Nationalparks acht, dass keiner Müll in die Gegend wirft.

      Ja das mit dem Telefonieren müssen wir mal hinbekommen. Allerdings hatte ich die nächsten Tage vor in den Pampas zu verbringen, wird also nix vor nächster Woche. ;)

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  3. Wow, ich finde deinen Blog einfach gut geschrieben und die Fotos sind genial! Ich lese sie gerne, da ich auch plane nächstes Jahr nach Südamerika und Afrika zu reisen. Was für eine Kamera hast du dabei? Deine Bilder sind einfach schön

    Liebe Grüsse Alessandra

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    1. Danke dir :) Sorry das ich erst jetzt antworte, hatte deinen Kommentar gar nicht gesehen.

      Ich habe die Lumix FT4 dabei :) Klasse Kamera, will sie nie mehr hergeben, hehe.

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