Freitag, 25. Januar 2013

La Tierra Infinita


Die Reise geht weiter, oder so, war der Plan, nur leider fehlte genau Dieser, als ich vollkommen übermüdet in Buenos Aires gelandet war. Eine ganze Nacht ohne Schlaf; im Auto, am Flughafen, im Flugzeug - nun weiß ich was Folter ist. Darum brauchte es einige Stunden, um jenes Fragezeichen‚ wo es denn nun als erstes hin und weiter geht einigermaßen mit einer Antwort zu stillen, und in eine Route, durch das von Inflation gestrafte Land, umzuwandeln.


Schon beim ersten Ziel merkte ich, dass sich in Argentinien Schwierigkeiten ergeben würden, aufgrund der enormen Distanzen und dem wenig ausgebauten touristischen Netz. Ohne Frage, Busse fahren hier schon von Stadt zu Stadt, aber das war es dann auch schon. Und die sehenswerten Dinge liegen meist außerhalb der Zivilisation im absoluten Nirgendwo und sind ohne eigenes Auto nur schwer zu erreichen. In Neuquèn habe ich es dennoch unter mehreren Stunden des hin und her Fahrens im Stadtbus geschafft zu den Dinosauriermuseen zu gelangen; die Ausgrabungsstätte blieb mir leider verwehrt. Mietwagen und geführte Tour unbezahlbar. Argentinien ist ein teures Pflaster!


Aber immerhin durfte ich die Knochen des größten Sauropoden und des größten Raubsaurier den die Welt je erlebt hatte, zu Gesicht bekommen. Ein Zahn so lang wie meine Hand; Glück für mich im Hier und Jetzt zu leben und statt Wegrennen, den versteinerten Überresten der einstigen dominanten Spezies auf der Nase herum tanzen zu können. Und das meine ich wörtlich. Man stolpert förmlich über Fossilien die überall auf dem Boden herum liegen oder in den Felsen stecken. Ich war wirklich fasziniert. Beweise, für eine Ära an Riesenviechern, die eins auf dem selben Boden wie ich gerade umher gelaufen sind. Paläontologen geht hier das Herz auf.


Danach wurde mein Hauptaugenmerkt erstmal auf ein wenig Wanderungen gelegt, war ich doch östlich der Anden im ‚Alpengebiet‘ Argentiniens gelandet. Sah zumindest genau so aus. Ob San Martin de los Andes, La Angostura oder Bariloche, das Stadtbild ähnelte einem sommerlichen Skigebiet in Österreich. Schneebedeckte Berggipfel, Wälder die deren Täler und Hänge schmücken sowie klare, teils türkisblaue Bergseen und Flüsse. Fehlte nur noch die Kuh mit Glocke um den Hals, und selbst diese spazierte irgendwann aus dem Gestrüpp hervor. Auch die Häuser, ähneln Jenen aus Europa, hier hat gewiss der ein oder andere Auswanderer mitgemischt.


Also wanderte ich Tag ein Tag aus, zu Wasserfällen, entlegenen Stränden, durch saftig grüne Wälder und steinige Gipfel. Wobei ich gestehen muss, dass es nie sehr lange Wege waren. Es war einfach zu heiß dafür. 40° Plus, ich bin zerlaufen. Dabei Kilometer gut machen? - nie und nimmer. Darum endeten meine Ausflüge auch stets an den klirrekalten Gewässern zur Erfrischung. Ab einem gewissen Hitzegrad ist es nämlich vollkommen egal, dass das Wasser nur ca. 15 Grad hat, es erscheint wie eine Oase in der brütenden Hitze.


Die Restmüdigkeit von Deutschland wurde beim herum schlendern in den Nationalparks auch besiegelt und kostengünstig ist es allemal. Patagonien ist Argentiniens Goldesel, die Preise verleiten zu Ausflügen per Fuß und locken so ziemlich jeden Backpacker an den Hostelherd zurück. Also wird nun wieder selbst gekocht, was angesichts des guten Supermarktangebots recht gut klappt. Es gibt sogar Spinattortellini, was braucht man mehr?  ;)


Und dann kam Junin de los Andes. Ein kleiner verschlafener Ort nahe des Lanin Nationalparks. Die Distanz war kurz und die Neugierde groß, also habe ich ein Busticket gekauft und in Junin Freunde besucht. Außerhalb der Stadt, umgeben von Natur und Getier wurde ich von Esteban - Hufschmied und Pferdetrainer - sowie seiner Freundin Sandra, herzlich willkommen geheißen. In Spanisch wohlgemerkt, was bedeutete ich musste die Fremdsprache sprechen, mir war keine Wahl gegeben. Also traktierte ich mein Gehirn von früh bis spät nach Vokabeln und Grammatik und wurde, zu aller Überraschung, tatsächlich verstanden.


Es war ein wenig anders, als umher zu Reisen und doch so schön. Mit Haus, Hof und Garten; Koppel, Stall und Round-Pen; sowie Hund, Pferd und Kaninchen, waren die Tage so entspannend wie lange nicht mehr. Argentinien ist hier noch Pferdeland, das Criollo der ganze Stolz der Gauchos und Traditionen werden gepflegt trotz des Tourismus.



Drum schmerzte der Abschied ein wenig, musste ich schon wieder Freunde zurücklassen und allein weiter.
Ich verstehe nun, warum so Mancher hier länger verweilen, ja, es sogar Europa vorziehen würde. Es scheint, als würde aller Stress der Welt mit den langen sonnigen Tagen verblassen und durch die geselligen Menschen, Alltagsprobleme einen verschwindend geringen Teil ausmachen.


Die ruhige Lebensart in Junin hatte mir sichtlich gut getan und nach 3 Tagen Anlauf auf den schneebedeckten Vulkan im Nationalpark Lanin - einst Mapuche-Indianer Land - durfte ich endlich auch die sonst in Wolken gehüllte schneebedeckte Spitze bestaunen. Wunderschön, was für ein Mächtiger Berg.












Ich habe im Übrigen 3 Dinge bei den Argentiniern festgestellt, (neben einigen sprachlichen Besonderheiten) die sie deutlich vom Rest Südamerikas abheben. 
1. einfach Jeder ist freundlich und aufgeschlossen Fremden gegenüber und möchte sich gern unterhalten
2. Abendbrot wird nicht vor 23-24 Uhr gegessen
3. ungefähr die Hälfte spricht auch Englisch, und genau die Anderen 50% sitzen in den Touristeninformationen


Im untersten touristischen Ferienort im Westen Patagoniens, habe ich, nachdem ich entlang der traumhaften 7 Lakes – Route fuhr, eine letzte Wanderung gemacht, und neben einem Wasserfall auch riesige Bäume bestaunen können. So hoch wie ein Hochhaus oder weiter, ich kann es nicht sagen. Auch einen kleinen Stadtbummel hab ich mir gegönnt, bevor ich zur Ostküste des Landes aufgebrochen bin und die mit grünen Mischwäldern bewachsenen Anden urplötzlich in eine tellerflache und karge Steppe übergingen.


Und hier lernt man es kennen, „La Tierra Infinita“, das unendliche Land Patagoniens. Hier ist nichts. Für hunderte an Kilometern nur staubige Erde, Sträucher und dürres Gras - nichts weiter. Keine Berge, keine Seen, keine Bäume. Eine Steppe mit vereinzelten Guanakos, Nandus und Füchsen. Auch Maras und Gürteltiere sollen hier leben, aber von Artenreichtum ist wenig zu sehen. So würde Afrika ohne Tiere aussehen, eine traurige Vorstellungen und doch so faszinierend, diese Landschaft. Halb Himmel, halb Erde und nichts dazwischen, nur Weite die man mit dem Auge nicht erfassen kann, so sehr man sich auch Mühe zu geben vermag.


Surreal, diese flachen Ebenen, gespenstisch und doch so majestätisch. Ein Nichts in jede Richtung, bis man die Küste erreicht, wo entlang dieser einsamen Gegend hohe Wellen die Stille brechen. Es ist wild hier, dieses Argentinien und es schenkt den Tieren des Meeres ein ruhiges Dasein. Verschiedene Meeressäuger, Vogelarten und Robben leben hier Jahr ein, Jahr aus in dieser Unberührtheit. Und weit abgelegen im absoluten Nirgendwo namens Puerto Deseado habe ich unter teuren Hotelkosten die Insel der seltenen südlichen Rockhopper-Pinguine besuchen dürfen. Umgeben von diversen Seevögeln leben hier auch Magellan-Pinguine zu Hauf, welche den alten Leuchtturm und die Überreste der einstigen Robbenfabrik zum perfekten Nistplatz umfunktioniert haben und aus den Fenstern der Ruine zum Meer hinaus schauen.


Und Kormorane gibt es, grau und schwarz-weiß, fast wie die Pinguine. Generell scheint diese Farbkombo unter den hiesigen Meerestieren im Trend zu sein, ja man meint fast sie war im Angebot, selbst die Delfine sind schwarz-weiß.


Nur die Mähnenrobben fallen mit ihrer braunen Farbe aus dem Schema. Fast wie Löwen, brüllen sich die riesigen Männchen gegenseitig an und erheben ihren Anspruch auf die viel kleineren Weibchen. So toll! Das Rauschen des Ozeans im Hintergrund verleiht dem ganzen etwas von einem Dokumentarfilm.


Ja, die Küste ist auf ihre Art sehr eindrucksvoll, selbst hier gibt es Fossilen. Jede Insel, jedes Ufer enthält versteinerte Knochen oder Schalentiere. Es ist toll, und mir gefällt es, so sehr, dass ich noch ein wenig länger verweilen möchte. Ushuaia ist sowieso unerschwinglich und so gern ich auch Feuerland gesehen hätte, bekomme ich trotz, dass die Glattwale gen Antarktis gezogen, und die Orcas sich noch nicht blicken lassen, in Puerto Madryn so viel mehr von Patagoniens Tierwelt zu sehen, dass ich nicht umhin komme, noch diesen ‚kleinen‘ Abstecher zu machen, bevor ich zu noch zivilisationsferneren Orten im tiefen Süden aufbreche.




Por mis amigos Sandra y Esteban

Muchas gracias por los dias bonitos. Me gusto mucho. Yo espero que nos encontramos en el futuro – aqui en Argentina o Alemania. Abrazos y besos de su amiga alemana Franzi

4 Kommentare:

  1. Es ist schön von Dir zu hören. Nun geht die Reise also weiter/ ist weiter gegangen. Die letzten Tage waren ziemlich kalt hier (-12 Grad und mehr), doch nun soll es wohl wieder etwas aufwärts gehen. Nun ja, 40 Grad müssen es nicht gleich sein, allerdings hätte ich es schon gern etwas kuscheliger. Na, der nächste Sommer kommt bestimmt. Du hast wieder sehr schöne Aufnahmen gemacht, da kommt man schon ins schwärmen.
    Ich habe übrigens auch einen Hund. Eine Jack-Russeldame. Bei Deinen letzten Bericht habe ich Deinen Hund gesehen auf den Fotos und Du hast geschrieben wie sehr sie Dir gefehlt hat. Mein Hund heißt Auda, sie ist 10 Jahre alt und ich möchte keinen Tag mit ihr missen, Tiere sind manchmal die besseren Freunde.
    Wie wird Deine Reise weiter gehen? Ich wünsche Dir noch viel Spaß. Bis bald.

    Lg. Silence

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    1. Bin nun auch in etwas kälteren Gefilden angekommen. Und windig! Adios Sonnenbrille, die hat es heute weggeblasen und am nächsten Felsen zerschmettert. :(

      Ja Tiere sind toll, ich könnte mir ein Leben ohne sie nie vorstellen...

      Bin die nächsten Tage auf dem Schiff und komme net ans Internet, werde aber den nächsten Blogeintrag vorbereiten können. :)

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  2. dank deinen fotos und beschreibungen hab ich gleich wieder in erinnerungen an meinen südamerika-urlaub geschwelgt. vielen dank dafür. ich fand die unendlichen weiten von patagonien auch unbeschreiblich schön. es freut mich, dass der besuch bei esteban geklappt hat. so ein bisschen familiäre/freundschaftliche geborgenheit tut doch gut, wenn man so viel unterwegs ist. bin gespannt, wohin es dich als nächstes verschlägt...

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    1. gern geschehen hasi... bin im moment in chile, da werden bestimmt beim nächsten blogeintrag noch mehr erinnerungen wach. ;)

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