Wie eine Schnecke in Eile kam ich schlussendlich doch über die Zielgerade. 70 Tage Stallarbeit, nun sind sie geschafft. Ich muss nicht mehr mit meiner inneren Uhr diskutieren, ob ich nun nachtaktiv bin oder nicht. Wenn es dunkel ist, wird geschlafen. ;) Ich bin wieder frei und genieße jede Sekunde.
Zugegeben, die letzten 3-4 Wochen waren Arbeitstechnisch gar nicht mehr so schlimm; der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Die Fitness steigerte sich proportional zum Ausmisten und am Ende war ich ein Profi im Sand runterwaschen beim verschwitzten Rennpferd. Die Zeit tickte somit netterweise ein wenig flinker.
Ich hatte auch einiges um die Ohren. Flüge mussten gebucht, Routen geplant und Hostels gefunden werden. Und das allerwichtigste natürlich, ein Tauchshop der noch Plätze fürs Schwimmen mit den Buckelwalen frei hat! Ich habe um die 10 Anbieter angeschrieben, aber entweder waren sie komplett voll oder auf Inselgruppen von Tonga, wo nur einmal die Woche eine Fähre hin geht bzw teure Flüge angeboten werden. Am Ende, mit zerrüttetem Nervenkostüm, hab ich dann doch noch das Passende gefunden. Die abenteuerlichste Insel von allen, hatte noch Plätze fürs Walschwimmen, Backpacker-Betten und Tauchplätze fürs Höhlensystem in Tonga frei. Und die Fähre fährt 5x die Woche hin und zurück. Perfekt!
Die Flüge waren auch schnell gefunden und dann plötzlich war er da, der Moment, in dem man realisiert, dass nun tatsächlich die letzte Etappe der langen Reise anbricht und das Abenteuer schneller zu Ende geht, als man es erleben kann.
Ich verlasse Australien! Ein Kontinent in den ich so viel Hoffnung gesteckt hatte und der mich so sehr enttäuscht im Regen stehen lies; und welcher doch am Ende nun nicht einfach werden wird, den Rücken zu kehren. Nicht weil der Kontinent mir fehlen wird, nein, die Natur, Fraser Island mit den wilden Dingos und das Abenteuer Outback, das ich nicht erleben durfte. Es ist schade, dass ein Land, welches doch so viel zu bieten hat, es einfach unbezahlbar macht für den Durchschnittsreisenden seine Schönheit zu entdecken. Ich ziehe weiter ohne das Great Barrier Reef gesehen zu haben oder die wilde Westküste, steige in den Flieger Richtung Norden, anstatt Süden um in Tasmanien nach Teufel und Tiger zu forschen oder durch Neuseelands riesige naturbelassene Täler zu Reiten. Keine Wandmalereien der Aborigines oder das erklimmen des Ayers Rock. Es wird ein trauriger Abschied sein auf eine doch recht andere Art, als jene geliebten Orte, die ich als 'bereist' verabschieden konnte.
Und natürlich wird es auch ein tränenreiches Goodbye zu meinem lieben Australier, bei dem ich mich gerade nochmal für eine Woche einquartiert habe. Ruhig gehe ich diesmal die letzten Reisevorbereitungen an. Hier und da musste ich nachkaufen, und vieles passt nicht in den Rucksack, einiges konnte ich nach dem Rennstall wegschmeißen, aber letztendlich wird nun doch ein Päckchen gen Heimat geschickt, damit ich kein Übergepäck am Flughafen bezahlen muss oder meine Knochen sich unter dem Gewicht des Rucksachen neu formieren müssen, haha. Außerdem brauch man ja auch noch ein wenig Platz für nette Souvenirs aus Südostasien. ;) In Melbourne war ich nämlich nicht so erfolgreich mit der Souvenir-Jagt an meinen wenigen freien Wochenenden. Australien hat einen eher makaberen Geschmack wenn es um Mitbringsel geht. Handtaschen aus Känguru Fell, Rückenkratzer aus Känguru-Pfoten mit Krallen und Anhänger aus Känguru-Hoden sind keine Seltenheit. Selbst aus den verhassten Kröten werden kleine Geldbörsen hergestellt; von daher, Nein Danke!
Das Museum war allerdings die Erfahrung wert. Als eine Mischung aus Biosphere, Zoo und Ausstellung musste ich direkt schmunzeln als ich zum Evolutions-Flügel kam. Die Australier wieder… Denke ich an London zurück, kommen mir stundenlanges Wandern durch riesige Säle mit hunderten von Präparaten und Informationen in den Sinn, auch schmerzende Füße, welche mich nach gut 5 Stunden Naturwissenschaft daran erinnerten, dass Artenvielfalt vom Dinosaurier-Zeitalter bis Evolution Mensch ein recht langes Stück Evolutionsgeschichte ist, die ich da gerade ohne Kilometergeld erlaufen hatte. Die Australier sind da pragmatischer. Alle Tierpräparate werden Kontinent-weise in einem Raum zusammengestapelt, ein Touch-screen Computer davor gestellt, und wen es interessiert, der kann dort auf das Tierfoto drücken und 2 Zeilen Information dazu erhalten. Fertig. Noch ein Walskelett und 3 Dinos dazu, ein Bild von Darwin und seinen Finken, und die Repräsentation ‚Evolution der Arten‘ ist platzsparend auf 60m² untergebracht.
In Relation dazu, gab es ungefähr doppelt so viel Ausstellungsraum für Falter und Spinnentiere, und gut 4 x soviel für Australiens Historie, wie z.B. das berühmteste ausgestopfte Rennpferd von Australien *Phar Lap*. Vergöttert wie Elvis – ‚the King‘ persönlich, stehen tatsächlich Menschenmengen vor dem Glaskasten mit dem roten toten Vollblüter. Ein paar Meter weiter, sieht man Australiens Wappen mit Känguru und Emu stehen und die stolze Erläuterung, dass genau wie diese beiden Tiere, Australien nie Rückwärts, sondern stetig Vorwärts gehen wird. Natürlich nach den ganzen Entschuldigungen an Australiens Ureinwohner für die Ausrottung der Tasmanischen Stämme und die starke Dezimierung derer des Hauptkontinents, sowie die Unterdrückung und die ‚Zwangszivilisierung‘ durch die Kirche an die ‚gestohlene Generation‘.
Auch der Kunst der Aborigines wird mit einer riesigen Ausstellung beigepflichtet und im Saal ‚Body and Mind‘ (Körper und Verstand) gab es interessante Dinge für mich zum ausprobieren. Alles im allem, am Ende doch ganz nett. Ich habe mich sogar mit einem Freund in einem Casino versucht als wir gelangweilt durch Melbourne geschlendert sind, aber die Maschinen haben einfach das gewünschte Vermögen einbehalten und ich habe tatsächlich 1en Cent verspielt am Ende, dafür aber die 5 Dollar Startkapital vom Casino an den Gast einbehalten. War dies etwa das Ende meiner kleinen Pechsträhne? Gut möglich, denn in der letzten Woche im Stall, kam dann anscheinend der Moment, wo sich mein Glück in Australien vermutlich hätte wenden können. Ein netter Australier vom Northern Territory hat als Stallkraft angefangen und es stellte sich heraus, er hat im Norden und Mitte Australiens mit Eingeborenenstämmen zusammen gearbeitet und hätte mir Kontakte vermitteln können zu Ärzten bzw. Tierärzten, die Aufklärungsarbeit und Operationen in den versteckten Dörfern der Aborigines leisten. Tolle Sache…, und doch leider zu spät. Man könnte direkt meinen, es sollte diesmal einfach nicht sein. Aber wer kennt schon die Zukunft, vielleicht ja ein anderes Mal.
Wir haben dennoch viel erzählt und Pizzaabend gemacht und es stellte sich heraus, seine Frau ist aus Deutschland und eine ehemalige Backpackerin Australiens. ;) Wir sind eben einfach überall. Ich konnte sogar noch ein echtes Brumby bewundern, das hier ein Zuhause fand. Die verwilderten Hauspferde der ersten Australischen Besiedler sind deutlich kleiner und kompakter als die Vollblüter im Rennstall und ziehen heutzutage, wie die verwilderten Kamele, durch den riesigen Kontinent und werden leider von vielen eher als Pest angesehen. Schade, sind es doch charakterlich wundervolle Tiere.
Der Abschied von Mornington und den Pferden fiel wie
erwartet nicht wirklich schwer. Ich habe
noch ein letztes Foto mit ‚Big Harry‘, unserem 2 Meter Pferd geknipst, sowie
ein Abschiedsbild von meinem Kämmerchen im Haus gemacht, dann ging es mit dem
Zug zurück Richtung Canberra zu meinem kleinen Reise-Zuhause, wo ich endlich
wieder mit einer normalen, nicht putzbesessenen Person zusammen wohnen würde.
Das letzte Stück mit dem Bus fühlte sich wirklich lang an, 8 Stunden bei grau in grau Regenwetter, und die Straße wie üblich voller toter Kängurus. Anscheinend ist wirklich etwas dran an dem Gerücht, dass Beuteltiere nicht die hellsten Leuchten unter den Säugetieren sind. Man sieht sie wirklich überall, in jedem erdenklichen Verwesungstadium. Selbst in der Hauptstadt, als Andrew und ich durch das gefächerte Netz an Botschaften gefahren sind.
Ja, für ganze zwei Minuten war ich in Deutschland, hehe. Unsere Botschaft ist allerdings nicht so der Renner in Sachen Architektur. Die anderen Länder sahen irgendwie toller aus. Und ich weiß bis heute nicht, ob es ein Witz war oder Ernst gemeint ist, aber vor dem Australischen Parlament stand ein kleines klapperiges Holzhüttchen mit den Worten ‚Botschaft für Aborigines‘ . Die Ureinwohner haben bis heute ein recht gespaltenes Verhältnis mit der britischen Regierung und fühlen sich nicht wirklich zugehörig, sind sie doch weitaus mehr Australier als Jene die erst später kamen.
Australien! Was soll ich zum Abschied sagen. Es ist ein Land voller moralischer Gegensätze. Die Menschen hier sind einfach anders, von zutiefst freundlich und hilfsbereit zu mürrisch und geizig. Selbst jetzt, wo ich am Flughafen sitze und über diesen Beitrag lese um Rechtschreibfehler auszumerzen, finde ich kein angemessenes Wort um Australien zu beschreiben. Ich denke es kann alles sein, von Traum bis Albtraum, von Erfolg bis Pech, von Schönheit bis zur Enttäuschung, von Zauber bis Realität. Ich denke das Schnabeltier wäre vermutlich eine passendere Repräsentation als Känguru und Emu auf dem Wappen, ist es doch wie das Land selbst voller Gegensätze. Australien war jedenfalls eine Erfahrung, so viel kann ich sagen, ob gut oder schlecht weiß ich nicht, aber ich habe viel gelernt und es ist nun Teil meiner Reise.
Morgen in der Früh geht der Flieger. Meine Nacht wird kurz, denn ich muss sie am Flughafen im Warteraum verbringen zwischen all den Gästen, die es sich bereits auf dem Flur bequem gemacht haben, nachdem wir im Flughafen eingeschlossen wurden. Es fahren leider weder Bahnen und Busse um 4 Uhr morgens und somit startet mein Backpackerleben im Element der Dinge. Auf gebackten Rucksack im Flug-Terminal. Das Arbeitsleben ist nochmal kurz Geschichte, mein Konto aufgelöst und das Reisegeld parat mir die letzten Länder zu finanzieren. Drum bye bye Work and Welcome Travel, ich verlasse Down Under nun in Richtung Südpazifik.
Ich hoffe du bist gut angekommen und es geht dir gut.
AntwortenLöschenlg. Silence
Ja mir gehts gut. Ich hatte nur leider kein Internet auf Tonga, um den Blogeintrag eher reinzustellen. ;)
LöschenNun bist Du also wieder unterwegs. Ja, Australien...ich weiß von ein paar Bekannten das es dort alles andere als einfach ist. Nun ja, eine Medaille hat immer zwei Seiten. Ich musste schmunzeln über Deine Worte...ich bin frei...! Deine letzte Etappe, ich hoffe Du erlebst noch sehr viele schöne, aufregende Dinge. Pass auf Dich auf und habe viel Freude weiterhin.
AntwortenLöschenlg.Silence
Ich denke für Australien bin ich einfach schon zu alt für das ganze Work & Travel Zeugs. Ich denke das ist mehr etwas für die Leute, die nach dem Abitur mal etwas Arbeitserfahrung sammeln wollen, aber generell noch keine Vorstellung haben, was sie später machen wollen.
LöschenSchade, dass du in Australien nicht so viel Reisen konntest. Eine Freundin von mir ist gerade dort und ich habe bei ihr in den Reiseführern geschnüffelt. So ein landschaftlich vielfältiger Kontinent. Toll! Aber vielleicht kommst du ja irgendwann nochmal zurück um mit den Aborigines zu arbeiten. DAs könnte ich mir sehr gut für dich vorstellen :D
AntwortenLöschenJa ich denke Reisen in Australien ist wirklich schön, aber man muss das Geld dafür haben. Es ist so unglaublich teuer. Man kann an keinem Ende sparen und gerade die schönen Dinge kosten wieder extra. Ich werde gewiss wiederkommen, aber als Erstes muss ich den futuristischen Lottogewinn einheimsen. ;)
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